Ganz sicher ist Marc Atallah nicht, aber wahrscheinlich ist die dreitägige Tattoo-Convention in Yverdons-les-Bains die erste Veranstaltung dieser Art in einem Schweizer Museum.
Marc Atallah leitet die Maison d'Ailleurs, ein Museum, das sich auf Popkultur und Science-Fiction spezialisiert hat.
Aktuell zeigt das Haus eine Ausstellung zu kulturellen Revolten und Revolutionen. Eine Schau, die auch hinterfragt, wie Ausstellungen normalerweise funktionieren. Zum Beispiel fand die Eröffnung in leeren Räumen statt. Erst während die Vernissagen-Gäste schon mit ihren Cüpli anstiessen, wurde begonnen, die Ausstellungsräume einzurichten. Normalerweise wäre das ein No-Go.
Die Kunstwelt auf den Kopf stellen
Er wolle die Vorstellungen, was man in einem Museum so mache, erschüttern, sagt Marc Atallah. Mit Veranstaltungen, die man in einem Museum normalerweise nicht macht. So entstand die Idee zur ersten Tattoo-Convention in der Maison d'Ailleurs. Dabei ist die Verbindung zwischen Kunst und Tattoo-Szene nicht ganz neu.
Marc Atallah erzählt, dass H.R. Giger, der mit seinen alptraumhaften Bild-Visionen und seinem Entwurf für das Monster im Science-Fiction-Thriller «Alien» weit über die Grenzen der Kunstwelt hinaus bekannt wurde, in seiner Jugend gern in Tattoostudios ging. Die Bilder, die dort gestochen wurden, interessierten ihn. Und er war fasziniert von der besonderen Atmosphäre, die an diesen Orten herrschte.
Der Reiz des Verbotenen und Verborgenen
Tattoostudios waren verborgene Orte. Denn Tätowierungen waren in der westlichen Welt lange Zeit nur am Rand der Gesellschaft anzutreffen. In manchen Ländern und Regionen war das Tätowieren gar illegal.
Im Kanton Bern zum Beispiel gab es bis in die 1980er-Jahre offiziell keine Tätowierstudios. Und wer Tätowierungen hatte, der platzierte sie lange Zeit so, dass man sie in bekleidetem Zustand nicht sehen konnte. Also: Am Halsausschnitt war Schluss.
Verbindung von Tätowierung und Körper
Der gesellschaftliche Umgang mit Tätowierungen hat sich massiv verändert. Und damit auch der kulturelle Wert, der Tätowierungen beigemessen wird. Tätowierungen können, im besten Fall, Kunst sein, wenn das Motiv einen künstlerischen Wert hat. Und wenn die Verbindung von Tätowierung und Körper gelungen ist.
Marc Atallah von der Maiso d’Ailleurs sieht noch eine weitere Verbindung: «Mit einer Tätowierung markiert man den Körper mit einem Bild, das etwas aussagt.»
Zur ersten Tattoo-Convention in der Maison d’Ailleurs wurde ein Dutzend Tätowierer aus der Westschweiz eingeladen. Besucherinnen und Besucher können sich – ohne Voranmeldung – sogenannte Flash Tattoos stechen lassen, also kleine Motive, die in ein oder zwei Stunden fertig sind. Und wenn die Convention gut ankommt, dann soll es im nächsten Jahr weitergehen.