Schon im Vorfeld waren aus der streng geheim gehaltenen Biographie einige pikante Details durchgesickert: Michelle Obama erzählt zum Beispiel, dass sie mit ihrem Mann Barack bei einer Ehetherapie war und dass ihre beiden Töchter mit künstlicher Befruchtung entstanden sind.
Das befriedigt vor allem den Voyeurismus – und natürlich amüsiert man sich, wenn Michelle schreibt, dass sie Barack zu Beginn «nicht im Mindesten in Betracht zog als jemanden, mit dem ich mich gern verabredet hätte».
Mehr als nur Anekdoten
Doch das Buch ist mehr als eine Ansammlung bunter Anekdoten. Man erfährt viel über den Menschen Michelle Obama: wie sie denkt, was sie geprägt hat und welche Werte für sie zählen.
Als Barack Obama 2009 der erste schwarze US-Präsident wurde, gab Michelle Obama der Rolle der First Lady einen ganz neuen Dreh. Sie hatte eine Strahlkraft, weil sie Werte wie Gradlinigkeit und Ehrlichkeit vermittelte, und das immer mit Humor.
Das Buch ist da nicht anders. Und etwas spürt man stark: ihre Demut. Im Leben, sagt Michelle Obama, zählen nicht in erster Linie die Erfolge: «Das Entscheidende an meiner Geschichte waren nicht die oberflächlichen, sichtbaren Erfolge, sondern vielmehr die darunter- und dahinterliegenden Stützpfeiler – die vielen Arten, auf die ich immer wieder bestärkt worden war.»
Michelle Obama erinnert sich an ihre Jugend, an ihren Vater Fraser, von dem sie gelernt hat «hart zu arbeiten, viel zu lachen und immer Wort zu halten.»
Sie erzählt, wie sie Rassismus in den eigenen Reihen erfahren hat: wie ihr als Kind von einem anderen afro-amerikanischen Mädchen vorgeworfen wurde, sie rede wie ein «weisses Mädchen».
Leben als First Lady
Natürlich geht sie auch auf die Ära von Barack Obama als Präsident ein – und erinnert sich, wie er jeden Abend noch zehn Briefe von US-Bürgerinnen und Bürgern an ihn gelesen hat.
Sie schreibt von ihrer Mühe, sich in der Rolle der First Lady zurechtzufinden, weil sie nicht genau wusste, was von ihr erwartet wurde und ob sie dem gerecht werden könnte:
«Meinen weissen Vorgängerinnen hatte man eine gewisse Gunst entgegengebracht. Bei mir wäre es anders, das wusste ich. Ich stand am Fuss des Berges und musste meinen eigenen Weg hinauf finden, um das Wohlwollen der Menschen zu gewinnen»
Treffen mit der Queen
Dem politischen Geschehen gibt sie immer wieder eine persönliche, menschliche Note. Sie erzählt, wie sie und die Queen nach einem Staatsanlass ein kurzes persönliches Gespräch hatten. «In diesem Moment waren wir nur zwei erschöpfte Frauen in drückenden Schuhen.»
Eine Erkenntnis ist nach der Lektüre besonders in Erinnerung geblieben: Wie Michelle Obama ihre eigene Leistung anerkennt, aber dabei dankbar und demütig geblieben ist.
Wie sie sich bis heute hinterfragt – und eine wichtige Erkenntnis in ihrem Leben auf den Punkt bringt: «Man muss erkennen, welche Herausforderung es darstellt, in Übereinstimmung zu bringen, wer man ist, woher man kommt und wo man hinwill.»