Die deutsche Schauspielerin und Satirikerin liest seit ihrer Kindheit. Bei ihrer Bücherwahl wurde sie von ihren Brüdern stark beeinflusst. Heute liest Maren Kroymann querbeet, von Annie Ernaux bis zu Henning Mankell. Sie tut dies am liebsten im Zug – denn auf dem heimischen Sofa droht Einschlafgefahr.
SRF: Warum lesen Sie?
Maren Kroymann: Weil es ein Grundbedürfnis von mir ist, Wahrheiten und Dinge über das Leben zu lernen. Ich bin auch begeisterte Zeitungsleserin. In toughen Arbeitszeiten kann ich mich leider selten auf einen Roman konzentrieren.
Welches Buch hat Ihre Liebe zum Lesen eröffnet?
Mein erstes Buch war «Grimms Märchen». Darin habe ich Wörter unterstrichen. Einmal kam das Wort «aschgrau» vor. Ich kannte es nicht und habe es unterstrichen, weil ich es für ein schweinisches Wort hielt. Ich habe also offensichtlich schon damals gut hingeschaut beim Lesen (lacht).
Hatten Sie als Kind ein Lieblingsbuch?
Es gibt phasenweise Bücher, die wichtig waren. Wie bei Songs in der Popmusik auch. Nach «Grimms Märchen» kam bald «Kalle Blomquist lebt gefährlich» von Astrid Lindgren. Pippi Langstrumpf fand ich als Mädchen gar nicht so toll. Ich habe mich mehr an den Jungs orientiert, weil ich Brüder habe.
Und wenn wir mal in Ihrem Erwachsenenalter stöbern?
Ich gehe mal rückwärts: Vor fünf, sechs Jahren war «Rückkehr nach Reims» von Didier Eribon so ein liebstes Buch. Ich habe mich an dem Buch festgehalten, musste beim Lesen immer innehalten, weil ich so viele Gedanken dazu hatte.
Die wachen Lesemomente sind mir die wichtigsten – also im Zug.
Durch Eribon bin ich auf Annie Ernaux gekommen, die ich jetzt auch mehrfach als Hörbuch eingelesen habe. Und in den 1980er-Jahren war «Die Entdeckung der Langsamkeit» von Sten Nadolny ein wahnsinnig wichtiges Buch.
Wo lesen Sie am liebsten?
Sehr gerne in der Bahn. Auch auf meinem Sofa, lang gestreckt. Manchmal werde ich dann so müde, dass ich in den Schlaf falle. Aber diese wachen Lesemomente sind mir die wichtigsten – also im Zug.
Bei welchem Buch mussten Sie schon einmal laut lachen?
Bei «Die Entdeckung der Langsamkeit» – eigentlich ja kein komisches Buch. Da kommen zwei Zwillingsbrüder in ein anderes Land und haben Kontakt mit den dortigen «Ureinwohnern». Dann sagt der eine Zwillingsbruder zum anderen: «Die sehen hier ja alle so gleich aus».
Ich hatte eine starke Mankell-Phase. Das habe ich nicht oft: dass ich süchtig bin und das nächste Buch unbedingt lesen muss.
Da habe ich schallend gelacht – weil ich es nicht erwartet hatte: Sten Nadolny ist ja eigentlich kein Pointenmacher. Doch dann kommt irgendwo auf Seite 345 so eine Stelle! Witz funktioniert am besten über das Unerwartete.
Welches Buch hätten Sie vielleicht gerne selber geschrieben?
«Älter werden» von Silvia Bovenschen.
Welche Figur aus einem Buch fällt Ihnen immer wieder ein?
Da kommen mir natürlich die Kriminalkommissare in den Sinn. Ich hatte eine starke Mankell-Phase. Das habe ich nicht oft: dass ich süchtig bin und das nächste Buch unbedingt lesen muss. Seit Enid Blytons «Fünf Freunde» hatte ich dies nicht mehr. Henning Mankells Kommissar Wallander ist so eine Figur, die einem bleibt.
Ein Buch, um den heutigen Feminismus zu verstehen?
«Die letzten Tage des Patriarchats» von Margarete Stokowski.
Welches Buch erklärt für Sie am besten die Welt?
Da bin ich geneigt, zu den Grossen zurückzugehen: so etwas wie «Ilias» oder «Die Odyssee». Oder vielleicht auch «Tausendundeine Nacht». Bei den ganz alten, klassischen Stoffen ist viel dran, denke ich: wie Menschen funktionieren, wie sie Unrecht begehen und sich irren.
Das Gespräch führte Markus Tischer.