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Pedro Lenz an einer Wand. Er trägt viele Fingerringe.
Legende: Auch in der Stadt würde er sich sein Plätzchen suchen: Pedro Lenz. Keystone

Literatur Pedro Lenz' «Di schöni Fanny»: Ein Hauch von Paris in Olten

Ein Möchtegern-Schriftsteller verliebt sich in eine schöne Dame – und möchte seine Muse für sich haben. Doch diese will lieber die freie Liebe leben. Pedro Lenz' neue Geschichte könnte in Paris spielen, ereignet sich aber in der Provinz. Denn die ist überall. «Di schöni Fanny» ist Lenz pur.

Vernissage in der Kulturmühle, Kaffi Schnaps im Maleratelier, endloses Pingpong von träfen Sprüchen in der Beiz. Und im Zentrum die Frage nach dem Wesen der Kunst: «Kunscht mues d Realität verwandle. – Wär seit das? – Das seit jede, wo öppis vo Kunscht versteit!».

Ansichten: Schweizer Literatur

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Mehr zu lesen und zu hören über Pedro Lenz gibt's auf unserer Literaturplattform «Ansichten» .

Provinz in der Stadt

Mit «Di schöni Fanny» geraten wir tief in die Künstlerszene, ins soziale Biotop der Maler, Musiker und Schriftsteller. Nicht in Paris allerdings und nicht in London, sondern in der Provinzstadt Olten.

«Man könnte mich nach New York versetzen und ich würde mir in kürzester Zeit ein eng begrenztes Carré abstecken, wo ich meine Zeitung und meinen Kaffee und meine Kollegen fände und mich zuhause fühlen würde.» Klare Worte von Pedro Lenz zum Stichwort «Provinz»: Provinz ist überall!

Die Femme fatale aus Zofingen

Die Probleme bleiben überall dieselben. Zum Beispiel, dass sich eine luftig-unverbindliche Verliebtheit zu einem exklusiven Besitzanspruch an den Liebespartner verfestigt.

Aber Fanny, die junge, schöne Fanny aus Zofingen, die bei den beiden in die Jahre gekommenen Malern Louis und Grunz Modell steht, lässt sich nicht einfach einfangen und anbinden von einem verliebten Möchtegernschriftsteller wie Jackpot, der sie bei seinen Malerfreunden kennengelernt hat.

Fanny hat viel gemeinsam mit der Künstlermuse Lulu aus Frank Wedekinds gleichnamigem Theaterstück: eine Femme fatale in Gestalt einer unschuldigen Kindfrau, die gestandene Männer in den Wahnsinn oder sogar in den Tod treibt – und dies alles mit den grossen, unverständigen Augen einer naiven Natürlichkeit heraus beobachtet.

Typisch Lenz

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So weit treibt es Pedro Lenz allerdings nicht – leider. Jackpot, der Erzähler im Roman, wird von seinen Liebesnöten zwar arg gebeutelt. Seine beiden Malerfreunde führen ihn aber wie Lehrmeister mit sicherer Hand durch den Sturm der Verwirrung. Sie klären ihn auf über Fanny und deren Mutter, mit der zusammen damals, in den wilden 1968er-Jahren, tatsächlich in Oltens Künstlerszene die freie Liebe geprobt worden war.

Vom Bruch mit bürgerlichen Moralvorstellungen und vom Sturz in einen existentiellen Abgrund ist man heute aber weit entfernt. Das soziale Netz trägt, wie auch die gemeinsame Sprache, dieses typisch Lenzsche, bildhafte und selbstironische «Liire», dem sich diese Männertruppe lustvoll hingibt. «Sälü zäme. Aues guet bi de früsch frisierte Froueverfüehrer? – Jackpot, aute Tagtröimer. Beehrsch nis ou wieder einisch?». Das liest sich wunderbar leicht und freudig. Und bleibt doch ein wenig die tiefere Notwendigkeit schuldig.

Wir bleiben in der Männerwelt

Die Frau – Fanny – ist Projektionsfläche für Bilder einer trauten Zweierkiste bei Jackpot, Projektionsfläche für Erinnerungen bei Louis und Grunz. Sie selber bleibt dabei eine Blackbox. Vom Innenleben einer begehrten Frau erfahren wir wenig. Mit gutem Grund, sagt Pedro Lenz: «Hätte ich Fannys Perspektive eingenommen, hätte ich über etwas geschrieben, das ich nicht kenne. Das mache ich nie».

Buchhinweis

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Pedro Lenz: «Di schöni Fanny». Cosmos Verlag, 2016.

So bleiben wir auf der sicheren Seite der Männerwelt. Jackpot macht endlich den Schritt ins Künstlerleben und veröffentlicht tatsächlich seinen ersten Roman. An der Vernissage entdeckt er von der Bühne aus sogar Fanny im Publikum. Es gibt also Hoffnung. Auch dies ist vom Autor genau so gewollt: «Ein Grund, wieso ich schreibe, ist, dass ich mir eine Welt bauen will, wie ich sie gern hätte.»

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