Die Anekdote, wie er zum Schreiben kam, hat Paul Auster oft erzählt: Als Kind war er ein grosser Baseballfan. Eines Tages stand ganz unerwartet sein Idol, der Spieler Willie Mays, vor ihm. Schüchtern bat der achtjährige Paul um ein Autogramm. «Klar!», sagte Mays. «Hast du einen Stift?»
Paul Auster hatte keinen. Auch sein hinter ihm stehender Vater, seine Mutter und deren Freunde nicht. Niemand hatte einen Stift, Auster bekam kein Autogramm. Auf dem Nachhauseweg weinte der Junge die ganze Zeit. Fortan achtete er darauf, ja immer etwas zum Schreiben dabei zu haben.
Jahrzehnte später erhielt Paul Auster dann doch noch ein Autogramm von Willie Mays. Aber da war er längst ein weltberühmter Star-Autor.
Geduld zahlt sich aus
Zunächst aber – ehe es mit seiner Karriere bergauf ging – musste Paul Auster allerhand Zurückweisung erfahren.
Sein Debütroman «Stadt aus Glas» wurde von 17 Verlagen abgewiesen, ehe sich schliesslich ein Kleinstverlag aus Los Angeles dazu entschloss, den New Yorker Grossstadtkrimi zu veröffentlichen. Das Buch wurde Mitte der 1980er-Jahre zum Kult – wie auch die zwei folgenden Bücher, die zusammen mit dem Debütroman Austers bekannte «New-York-Trilogie» bilden.
Auch viele seiner späteren Romane sollten in New York spielen. Nicht selten handelten sie von der Suche nach der eigenen Identität und der Macht des Zufalls. Die Werke bestechen durch raffiniert konstruierte Plots.
Ein intellektuelles Traumpaar
Ebenfalls in den 80er-Jahren lernte Paul Auster bei einer Lesung die Autorin Siri Hustvedt kennen. Daraufhin kamen sich die beiden näher. Auster, an Depressionen und Alkoholismus leidend, fand in dieser Beziehung Halt. Auster betonte immer wieder seine Liebe und seinen Respekt gegenüber seiner Frau.
Die beiden galten als das intellektuelle Traumpaar New Yorks. Bemerkenswert an dieser Ehe ist auch, wie es der zunächst deutlich unbekannteren Siri Hustvedt gelang, sich aus dem Schatten ihres Mannes zu schreiben.
1987 kam die gemeinsame Tochter zur Welt: Sophie. Benannt nach einer der Figuren aus Austers «New-York-Trilogie».
Macht des Zufalls
Eine weitere Anekdote aus Austers Jugend: Einer seiner Freunde wird auf einem Ausflug vom Blitz getroffen und stirbt vor Austers Augen. Dieses Ereignis prägte Auster stark, sodass die Macht des Zufalls zu einem seiner Lebensthemen wurde.
In einem Interview sagte Auster einmal, dass ihn die Doppeldeutigkeit des Worts «accident» fasziniere: Im Englischen bedeutet «accident» sowohl Zufall als auch Unfall. Dass Zufälle auch Unfälle oder gar Schicksalsschläge sein können, das musste Auster mehrmals erleben.
Schicksalsschläge
Der wohl schlimmste Schicksalsschlag für ihn dürfte die Drogensucht seines Sohnes gewesen sein. Daniel Auster war 1977 aus Paul Austers kurzer erster Ehe hervorgegangen. 2022 starb Daniel Auster mit 44 Jahren an einer Überdosis Heroin, kurz nachdem er beschuldigt worden war, seine zehnmonatige Tochter, also Paul Austers Enkelin, vergiftet zu haben.
Zwar hat sich Auster zu seinem Sohn öffentlich nicht geäussert, in seinen Werken kommt dieser jedoch vor. Denn Austers Texte waren stets von autobiografischen Elementen durchzogen, die er zu raffinierten, alles infrage stellenden Geschichten verwob. Mit Paul Auster ist einer der grössten US-amerikanischen Literaten gestorben.