Perlendes Wasser, funkelndes Sonnenlicht: So klingt die Donau am Anfang von Florian Christls Album. Da ist sie gerade im Südschwarzwald entsprungen. Ein paar Tracks und hunderte Kilometer später ist sie zu einem breiten Strom geworden. Und mündet im Stück «Delta» schliesslich ins Schwarze Meer.
Christl erreicht mit seiner Musik ein grosses Publikum: Auf Spotify hören ihn monatlich 1.4 Millionen Menschen. Einer seiner Tracks hat über 100 Millionen Klicks. «Donau» ist sein viertes Album. Er folgt darin dem Fluss mit atmosphärischen Klavier- und Streichersounds.
Ein Fluss mit Einfluss
Aufgewachsen ist er in Bayern im Einzugsgebiet der Donau. «Mich fasziniert, wie dieser Fluss ganz Europa beeinflusst hat», erzählt Christl, «in Bezug auf Politik, Kultur, Sprachen, Traditionen und auch Musiktraditionen.»
Denn in der Donauregion geht es musikalisch vielfältig zu: Christl musiziert mit einem bayerischen Volksmusikensemble und nimmt so Bezug auf seine musikalische Heimat. Er hat sich von bulgarischer Volksmusik inspirieren lassen, von der Klassikmetropole Wien und vom österreichisch-ungarischen Komponisten Franz Liszt, der unter anderem in Budapest tätig war.
Auch auf Reisen hat Christl Inspiration getankt. Auf einer Kajaktour durchs Donaudelta etwa: «Am Abend haben wir direkt am Schwarzen Meer unser Lager aufgeschlagen. Auf der einen Seite das Rauschen des Meeres, auf der anderen der Wind im Schilf, über uns der Sternenhimmel.»
Ukrainisches Gastensemble: Ein Zeichen setzen
Etwas nördlich vom Donaudelta liegt die Grenze zur Ukraine. Idylle hier, Krieg und Leid dort. «Dieser Kontrast hat mich gepackt», sagt Christl. Deswegen hat er für sein Album ukrainische Musikerinnen und Musiker dazugeholt, die vor dem Krieg nach Deutschland geflohen sind. Er will ein Zeichen setzen: «Die Donau verbindet halb Europa miteinander. Das Album soll für Zusammenhalt, Vielfalt und Frieden stehen.»
Florian Christls Stücke fliessen dahin, zwei bis sechs Minuten lang. Er arbeitet mit Mustern, die sich wiederholen und simplen Harmoniefolgen: stimmungsvolle Wohlfühlklänge.
Will man seine Musik einsortieren, bietet sich die Schublade «Neoklassik» an. Ein boomendes Genre: Gerade auf den Streaming-Plattformen ist diese Musik – irgendwo zwischen Klassik und Pop, Filmmusik und Minimal Music – sehr erfolgreich.
Auch Christls Musik zieht dort. Einige seiner Stücke haben es in beliebte Playlists zur Entspannung oder Konzentration geschafft. Das freut den Komponisten. Aber er betont: «Ich komponiere nicht für eine Plattform. Wenn die Musik an ein festes Schema angepasst wird, kann nichts Besonderes entstehen.»
Sein Erfolg ist Florian Christl ganz ohne Musikstudium gelungen. Als Kind und Jugendlicher hatte er Klavierunterricht. Das Komponieren hat er sich selbst beigebracht, nach dem Motto «learning by doing». Sein Ziel sei es immer gewesen, sich frei in seiner Kunst ausleben zu können. «Wie man an diesen Punkt der Freiheit kommt, ist egal», meint er, «ob mit einem Studium oder mit einer autodidaktischen Aneignung: Am Ende zählt nur die Musik.»
Mit seiner Musik will er nicht nur auf Spotify und Co. begeistern, sondern auch im Konzert: «Ich sehe mich absolut als Live-Musiker. Das ist, was ich machen will», sagt Christl. Gerade ist er mit seinem Donau-Programm auf Tour. Und bringt auch ein paar Donauwellen in die Schweiz.