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Nick Cave und seine Gottesbilder
Aus Kultur-Aktualität vom 30.08.2024. Bild: Imago / Depositphotos
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Neues Album Nick Caves «Wild God»: Ein Album voller Glaubenszweifel

In seinem neuen Album besingt Nick Cave einen «Wild God». Religiöse Anspielungen und biblische Motive durchziehen das Werk des australischen Musikers. Theologe Matthias Surall findet: Von Nick Caves Fragen, Zweifeln und Ringen können viele Menschen etwas lernen.

Nick Cave fasziniert. Für Matthias Surall so sehr, dass er über Caves' Werk promovierte. Denn hier begegne ihm eine experimentelle, freie und aus den grossen Fragen des Lebens geborene Theologie. Eine ernst zu nehmende Theologie, wie Matthias Surall betont.

Matthias Surall

Promovierter Theologe und Pastor

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Matthias Surall ist Pastor der Evangelischen Landeskirche in Hannover. Er ist in der Bildungsarbeit tätig und arbeitet zur Schnittstelle von Kunst, Kultur und Theologie. Seine Grundthese ist: «Jegliche gute Kunst befasst sich mit den grossen existenziellen Fragen – genauso wie die Theologie». Das seien etwa die Frage nach Liebe, nach Leid, Tod und nach der Existenz Gottes. Seine Dissertation mit dem Titel «And God is never far away. Spannende Theologie im Werk von Nick Cave» ist im Lit-Verlag erschienen.

Der Musiker selbst sagt, sein Werk sei «völlig ironiefrei» zu verstehen. Nick Cave meint es also ernst mit der Frage nach Gott.

Inspiration Bibeltext

Die Initialzündung, sich vertiefter mit Caves Werk zu befassen, waren für Matthias Surall der Song und das Album «Dig, Lazarus, Dig!» aus dem Jahr 2008. Dort versetzt Cave den biblischen Lazarus, der in Johannes 11 durch Jesus von den Toten auferweckt wird, ins New York der 1970er-Jahre.

Sänger tritt auf Outdoor-Konzertbühne auf, Menge jubelt.
Legende: Nick Cave, hier 2022 bei einem Konzert in Oslo, ist inspiriert von seiner spirituellen Suche – und doch ganz nah am Publikum. Imago/NTB

 «Letztlich geht es in dem Song um die Frage, wie wir als postmoderne Gesellschaft mit dem Tod umgehen».

Keine Schönwettertheologie

In einem anderen Lied fragt Nick Cave, wie Gott das Leid in der Welt zulassen könne: «We Call Upon The Author». Eine urtheologische Frage, die sogenannte «Theodizee». Nick Cave frage, zweifle und ringe mit Gott – und zwar im Ernstfall des Lebens, nicht an den sonnigen Tagen. Etwa auf dem Album «Murder Ballads». Dort blieben, wenn man alle Todesfälle der ganzen Platte zusammenzählt, über 50 Leichen zurück, so Matthias Surall schmunzelnd.

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Aus dem Sounds!-Archiv: Nick Cave «Dig, Lazarus, Dig!»
aus Sounds! vom 25.02.2008.
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Das letzte Stück ist ein Cover eines Bob Dylan-Songs, das Nick Cave transformiert. Darin singen Menschen, die vorher im selben Album gemeuchelt wurden. Sie feierten quasi «fröhliche Auferstehung».

Aus Schicksalsschlägen werden Songs

Die Auseinandersetzung mit dem Tod wurde ab 2015 drängender, existenzieller. Damals starb einer von Nick Caves Söhnen, 2022 ein zweiter. Die Trauer habe seinen ganzen Körper durchdrungen, beschreibt er in einem Interview.

Er entschied sich, sich verletzlich zu machen, mit Menschen darüber zu sprechen, seine Trauer zu zeigen. Auch in seinem Blog «The Red Hand Files», in dem er Fragen vieler Menschen beantwortet.

Cave: ein ernsthaft Zweifelnder

Nick Cave sieht sich als Zweifelnder, nicht als Glaubender – das sagt er immer wieder. Seine Texte spielten sich in dem Raum ab, der vor dem Glauben liege. Sie bewegten sich «towards God», in Richtung Gott.

Und dieser Gott scheint transformierbar. In grosser künstlerischer Freiheit bricht Nick Cave mit üblichen Gottesbildern.

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Nick Cave und die Frage nach Gott
aus Künste im Gespräch vom 05.09.2024. Bild: Keystone / DPA / ROLF VENNENBERND
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Der «Wild God» im aktuellen Album ist nicht erhaben oder mächtig, nein: Er fliegt, er saust, er schwimmt durch die Welt. Mit langen Haaren, alt und krank.

Ein wilder Gott, inmitten von Leichengeruch und Tyrannei, ein suchender Gott, der schliesslich zu einem lyrischen «Wir» wird. Die Grenzen zwischen Göttlichem und Menschlichem lösen sich auf.

Zwei Musiker mit Gitarren auf einer Bühne.
Legende: Die Emotionalität der Texte steht dem Musiker und seiner Band «Nick Cave and the Bad Seeds» bei Live-Auftritten ins Gesicht geschrieben. Imago/Depositphotos

«Der Text ist kryptisch, er offenbart sich nicht einfach», so Theologe und Cave-Kenner Matthias Surall.

Vielmehr spiele Nick Cave mit Bildern, Versatzstücken und Wortkombinationen. Und mit der Frage, wer dieser wilde Gott überhaupt sei. Die Frage nach Gott, so lässt sich vielleicht herauslesen, sei nicht zu beantworten. Vor allem aber: Sie ist nicht zu trennen von der Frage, wer der Mensch ist.

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