Der ungarische Pianist András Schiff will künftig nicht mehr in den USA auftreten. Grund für seine Entscheidung sind die «unglaublichen Erpressungen» von US-Präsident Donald Trump auf der Weltbühne. Auch Musikerinnen und Musiker wie die Pianistin Schaghajegh Nosrati oder der Geiger Christian Tetzlaff aus Deutschland haben ihre Konzerte in den USA abgesagt.
Diese Konzertabsagen werden einzelne reiche Leute sehr wütend machen. Und diese Personen kennen wahrscheinlich den Gouverneur.
Schon bald werde das spürbare Auswirkungen auf das hiesige Kulturleben haben, sagt Gwydion Suilebhan, der als Bühnenautor in Washington, D.C. arbeitet. «Wir werden alle Hilfe annehmen, die die Welt uns anbietet, selbst wenn sie in Konzertabsagen besteht», sagt er. Allerdings: Die US-amerikanische Kulturszene werde so nach und nach immer weniger international und divers. Trump und seinen Gefolgsleuten dürfte das egal sein.
Die Dramaturgin Julie Felice Dubiner aus Princeton, New Jersey hofft, dass die Kritik von europäischen Musikerinnen und Musikern trotzdem langfristig bei der Regierung ankommt: «Diese Konzertabsagen werden einzelne reiche Leute sehr wütend machen. Und diese Personen kennen wahrscheinlich den Gouverneur, kennen vielleicht die Senatoren und auch noch andere einflussreiche Leute.» Ein Tropfen nach dem anderen führe schliesslich vielleicht zu einem Ozean, so Dubiner.
Kulturschaffende in Angst
In Washington kam es schon zu ersten Protesten: Letzte Woche, am 13. März, wurde der US-Vizepräsident JD Vance vor einem Konzert des National Symphony Orchestra im Kennedy Center vom Publikum ausgebuht. Das Kennedy Center of Performing Arts ist seit kurzem direkt der Trump-Regierung unterstellt.
Zum Stammpublikum gehören ältere, reiche Leute, meist Republikaner. Dass diese nun Stellung beziehen, stimme sie vorsichtig hoffnungsvoll, so Dramaturgin Dubiner: «Das ist nicht nichts, trotzdem weiss ich nicht, ob ich vielleicht bald meine Koffer packen muss.»
Das zeigt, wie gross die Angst ist unter Kulturschaffenden in den USA. Wie gehen sie damit um, dass die Kulturinstitutionen umgekrempelt werden und bestimmte Veranstaltungen plötzlich nicht mehr erwünscht sind? «Wir versuchen alle nicht das Falsche zu sagen. Das Kennedy Center ist plötzlich zu einer Institution geworden, mit der viele nicht mehr zusammenarbeiten wollen. Das ist verheerend für unsere Stadt», sagt Gwydion Suilebhan.
Kunst als Politikum
Deshalb gibt es im Moment nur vereinzelt Protest seitens Kulturschaffender vor Ort. Die Sängerin und Musikerin Rhiannon Giddens zum Beispiel hat Auftritte abgesagt, das Erfolgsmusical «Hamilton» cancelte seine Vorstellungen in Washington.
Wir ändern keine Textzeilen und besetzen Rollen immer noch mit Schauspielern of Color.
Das Maximum an Protest sei im Moment, dass Theater und Kulturinstitutionen ihr Programm nicht ändern – obwohl klar ist, dass bestimmte Inhalte nicht in Trumps Weltbild passen. Julie Felice Dubiner spricht darum von einem passiven Protest. «Wir ändern keine Textzeilen und besetzen Rollen immer noch mit Schauspielern of Color.»
Das wirkt auf den ersten Blick vielleicht nicht besonders radikal, doch sich zu mobilisieren und Antworten auf Trumps Autoritarismus zu finden, das brauche Zeit, sagt Bühnenautor Gwydion Suilebhan und gibt sich kämpferisch: «Kunst ist immer politisch. Aber jetzt geht es darum, herauszufinden, wie man seine Wut und seinen Widerstand auf intelligente Weise artikulieren kann. Trump hat der Kulturszene zwar einen ersten Schlag versetzt. Doch wir werden zurückschlagen.»