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«TECHNO» im Landesmuseum Wie die Schweiz den Rave entdeckte

Seit 40 Jahren stampfen in Zürich Technobeats. Das Landesmuseum lässt die Anfänge der hiesigen Technokultur nacherleben.

Unter einer Discokugel steht im Landesmuseum ein Baugerüst, daran ein Plakat mit der Aufschrift «Happy People Zürich». Die Installation erinnert an Love-Mobiles, die üppig dekorierten Trucks, die an der Street Parade fröhliche Raverinnen und Raver rund um das Zürcher Seebecken kutschieren.

Menschen in Kostümen tanzen auf einer Parade.
Legende: 1992 zieht der Techno-Umzug mit etwa tausend Teilnehmenden durch Zürich. Die Veranstaltung wird als politische «Demonstration für Liebe, Friede, Freiheit, Grosszügigkeit und Toleranz» bewilligt. Thomas Eugster

1992 fand die Street Parade zum ersten Mal statt, heute ist sie die grösste Technoveranstaltung weltweit. Die Beats und das Tanzen vereinen seither Menschen aller Generationen, rund um den Globus.

Um in die Technokultur und ihre Geschichte einzustimmen, ist in der Ausstellung im Landesmuseum Zürich ein Plattenladen nachgebaut: Ausgestellt sind in dem hell beleuchteten Raum die Originalcovers von Technoplatten.

Zu hören gibt es via Kopfhörer die musikalische Geschichte des Techno in verschiedenen Tracks. Die vielfältigen Subgenres widerspiegeln sich auch in den aufgehängten Plakaten. Von hier an wird es dunkel in der Ausstellung, zwielichtig und verführerisch.

Die Nacht ist zum Tanzen da

Mit dem Techno wurde in den späten Achtzigerjahren das Nachtleben geboren. Die Stadt Zürich etwa hatte noch bis in die Neunzigerjahre eine Polizeistunde. Getanzt wurde bis dahin bestenfalls in gepflegten Dancings.

Techno als lebendige Schweizer Tradition

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Zur Technokultur gehören neben der Musik, die sich in unzähligen Subgenres entfaltet, auch Mode, Grafik, Design und Tanz. Die ersten Technotracks zeugen von der technologischen Entwicklung und dem Zeitgeist der 1980er-Jahre.

Damals verbreitete sich Techno von Detroit aus über Europa bis in die Schweiz. Hier fanden früh Technoveranstaltungen statt, die zum Magnet für international erfolgreiche DJs wurden. Dank der Zürcher Street Parade, der weltweit grössten Technoveranstaltung, gehört die Technokultur zu den lebendigen Traditionen der Schweiz.

Mit illegalen Bars und Partys im öffentlichen Raum – etwa in Unterführungen oder im Freien – veränderte sich das Ausgehverhalten. Als «Ur-Rave» wird heute eine Party im Zürcher Kino Walche angenommen, die bereits 1984 stattfand und bei der ordentlich randaliert wurde.

Die Technokultur hat nicht nur das Nachtleben, sondern auch das Grafikdesign und die Mode beeinflusst. Wie visuell Techno ist, zeigt sich an den Flyern, die aus vierzig Jahren zusammengetragen und in Vitrinen prominent ausgestellt sind. Hier zeigt sich die grafische Vielfalt der Technokultur.

Von selbstgebastelten Stempelaufdrucken bis zu professionell gestalteten Flyern von Clubs ist das kreative Potenzial umwerfend. «Gib Gas» steht da etwa in für damalige Zeiten ungewohnten Schriften. Die abgebildeten Motive reichen von Weltraum bis Wüste – und zeugen von einer gewissen Selbstironie.

Den Körper feiern

Das gilt insbesondere auch für die vielen einzigartigen Outfits, die im letzten Teil der Ausstellung zu sehen sind. Das lustvolle Inszenieren von Körpern und das exzentrische Spiel mit Geschlechterrollen finden sich etwa in Ganzkörperanzügen aus Latex und Leder. Anzüge aus winzigen Spiegeln und BHs aus Fell ziehen den Blick auf sich, Strapse und Spitze dominieren.

Diese allererste «Clubwear» zeichnet sich aus durch ein wildes Kombinieren, das heute längst salonfähig ist. Unterwäsche mit Pelzjacken, Strickmützen mit Schwimmbrillen, dazu Stiefel mit Schaft bis zum Hintern oder faustdicke Plateausohlen. Das Ausschweifende ist Programm, ebenso Neonfarben, asymmetrischen Schnitte und futuristische Materialien.

Wie sich Menschen in der Technoszene ausdrücken, wie die besondere Energie einer gemeinsam durchfeierten Nacht bis zur Erschöpfung zelebriert wird, davon erzählen auch die Fotografien aus den Neunzigerjahren. Aufgenommen in Clubs, leerstehenden Fabrikhallen und im Freien widerspiegeln sie eine Kultur, deren Freude am Experimentieren auch nach fast einem halben Jahrhundert unerschöpflich ist.

Ausstellungshinweis

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Die Ausstellung «TECHNO» ist bis zum 17. August 2025 im Landesmuseum Zürich zu erleben.

Radio SRF 1, Regionaljournal Zürich, 20.3.2025

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