«A Fool in Love» – prophetische Worte
«Mutter, ich weiss, Du findest ihn nicht perfekt, aber in meinen Augen ist er es, ich werde ihn glücklich machen.» Wenn Tina Turner diese Worte singt, klingt sie verwundet, während ihr die drei Backing-Sängerinnen wie ein griechischer Chor verkünden, sie sei «ein verliebter Narr».
Den Text hat Ike Turner geschrieben. Die Worte scheinen rückblickend prophetisch: Jahrzehnte später kam heraus, dass Ike seine Frau misshandelte.
Als sie den Song aufnahm, hiess Tina Turner noch Anna Mae Bullock. Ike Turner veröffentlichte ihn unter dem neuen Namen «Ike & Tina Turner». Als die frisch Tina getaufte Anna Mae Zweifel an ihrem neuen Namen anmeldete, zog Ike ihr einen Schuhspanner über den Kopf. Sie blieb bei ihm, in der Tat ein verliebter Narr.
Ike & Tina Turner – A Fool In Love (Youtube)
«I Idolize You» – ein perfektes Soul-Stück über Hingabe
Ein perfektes Soul-Stück über Hingabe, ja sogar über die Vergötterung in der Liebe. Tina Turner singt das Stück aus der Feder ihres Mannes mit gewohnter Intensität.
Angesichts der späteren Enthüllungen wirkt dieses Stück doch seltsam. Nach Aussen wurde das Bild einer hingebungsvollen Beziehung gespielt, im Innern der Beziehung war Ike übergriffig.
«Proud Mary» – der aufregendste Coversong von Tina & Ike
Gegen Ende der Sixties spezialisierten sich Ike & Tina Turner auf ausgesuchte Covers der Rockprominenz von den Beatles bis zu den Rolling Stones. Keines dieser Fremdstücke ist aufregender als «Proud Mary» von Creedence Clearwater Revival.
Die Turners verwandeln den rollenden Country-Rock der Band aus Kalifornien in ein zweiteiliges Soul-Stück. Im ersten Teil ist es lasziv langsam, im zweiten der Ausbruch einer funkigen Big Band, der eines James Brown würdig wäre.
Ike & Tina Turner: Proud Mary live im italienischen TV (Youtube)
«Nutbush City Limits» – ein Blick in Tina Turners Südstaatendorf
Anna Mae Bullock wurde 1939 in Nutbush, Tennessee geboren – ein Ort mit 300 Einwohnern. 1973 schrieb Tina Turner ein Stück über ihren Heimatort, und es wurde einer ihrer grössten Hits. Ein schneidendes Gitarrenriff legt sich über einen funkigen Beat, dazu Bläser und ein für jene Zeit typisches Synthesizer-Solo.
Dann diese alles durchdringende Stimme, die schildert, wie dieses archetypische Südstaatendorf am Highway 19 aussieht: «Eine Kirche, eine Bar, eine Schule und ein Plumpsklo – das ist Nutbush. Am Samstag gehen wir einkaufen, am Sonntag in die Kirche.»
Eine Seltenheit: ein Text, der Fluchtgedanken auslöst – ein Stück, zu dem man tanzen kann.
Ike & Tina Turner: Nutbush City Limits (Youtube)
«What’s Love Got To Do With It» – der Pop-Durchbruch
Mitte der 1970er-Jahre hatte Tina Turner ihren Mann verlassen und musste an Nostalgie-Konzerten auftreten, um zu überleben. Dann kam das unerwartete Comeback. 1984 war Turners grosses Jahr. Es gelang der mittlerweile 45-Jährigen, sich in der Popwelt gegen halb so alte Sängerinnen durchzusetzen.
Ein Jahr nach dem Comeback-Album «Private Dancer» erhielt sie drei Grammys – zwei davon für «What’s Love Got To Do With It». Für alle, die die Geschichte Ike & Tina Turners Geschichte kannten, musste der Song autobiographisch wirken. Für die andern war es eine für die damalige Zeit modern produzierte Rockplatte mit einer herausragenden Sängerin.