Sie haben schon öfters zusammengearbeitet. Jetzt geben sie zum ersten Mal eine gemeinsame Publikation heraus: Stephan Eicher, Musiker, und Martin Suter, Schriftsteller.
«Song Book», so heisst das Werk der beiden Schweizer Künstler. Es handelt sich um ein Buch mit beigelegter CD.
Gefühle auf den Punkt gebracht
Stephan Eicher vertont Martin Suters Songtexte in ungewohnt reduzierter Art und Weise: balladenhaft, schwer und melancholisch. Der Chansonnier ist fasziniert von Suters Art zu schreiben, Bilder, Gefühle auf den Punkt zu bringen: «Seine Texte haben einen extrem moralischen – im positiven Sinn – und künstlerischen Aspekt. Beim Lesen denke ich: ‹Ach, so hätte ich das auch gerne gesagt.›»
Genau deshalb müsse er diesen Texten viel mehr Raum lassen als seinen eigenen Liedtexten. Deshalb komme die CD so reduziert daher.
Im Nebelmeer des Gurgelstupfs
Für Martin Suter sind Songtexte eine eigene Textsorte, nicht zu vergleichen mit Gedichten: «Das sind nicht einfach mit Musik begleitete Gedichte. Sondern die Texte sollen Musik auslösen und ein Teil der Musik sein. Wenn ich ein Gedicht schreibe, schreibe ich keine sich wiederholenden Refrains. Es ist eine andere, eine musikalische Form der Lyrik, die ich hier ausprobiere.»
Zu jedem Songtext hat Martin Suter im «Song Book» einen kurzen Begleittext verfasst. Darin beschreibt er Orte und Situationen, in denen ihnen beiden die Ideen zu den Songs gekommen seien.
Der erste Song «I weiss nid was es isch» zum Beispiel sei entstanden, als sie sich beim Kristallstrahlen am Gurgelstupf, einem Ausläufer des Pfeutistiel-Massivs, zufällig im dichten Nebel begegnet seien.
Ein anderes Lied sei ihnen beim Training in der Kletterhalle zugeflogen. Wieder ein anderes beim gemeinsamen Kochen, als sie eine Variante zum Toast Hawaii erfanden, den Toast Bora-Bora.
Humorvoll und tieftraurig
Man merkt es an der triefenden Ironie und den starken Übertreibungen – und sie gestehen es auch freimütig im Vorwort: Diese Schlüsselmomente sind frei erfunden. Dahinter steckt die Idee, den ernsten Songtexten Humor entgegenzuhalten.
«In der jüdischen Unterhaltungskultur gibt es zum Beispiel wahnsinnig traurige Klarinettenmelodien, aber auch Woody-Allen-Filme», erklärt Stephan Eicher das Zusammenspiel von Ernst und Humor.
«Ich hoffe die Welt ist genau so, wie diese beiden Dinge zusammen. Sonst wäre sie ja nicht zum Aushalten. Ich finde es auch schön, wenn an einer Beerdigung jemand steppt.»
Nicht ganz ernst zu nehmen
Ein schöner Gedanke, der im «Song Book», wo sich ironische Begleittexte mit seriös gemeinten Songtexten abwechseln, leider nicht aufgeht.
Die Ironie des Begleittextes macht es schwierig, den nachfolgenden Songtext ernst zu nehmen. Schade – denn in den Songs wirken die Texte stark und stimmig.
Vermutlich wirkt das gesamte Song Book am besten in der Live-Performance, wenn Stephan Eicher singt und Martin Suter dazwischen die Begleittexte liest.
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