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Audio
Weshalb uns amerikanische Serien so fesseln
Aus Kultur-Aktualität vom 21.09.2018. Bild: Keystone
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«Serial»-Hype Weshalb uns amerikanische Podcasts so fesseln

«Serial» ist seit vier Jahren ein Riesenerfolg. Deutsche Podcasts können damit nicht mithalten. Das ist kein Zufall.

Der Blockbuster unter den Podcasts – so kann man «Serial» bezeichnen. Vor vier Jahren startete die erste Staffel der amerikanischen Audioserie. Ein echter Highschool-Mordfall, von der Journalistin Sarah Koenig bis ins Detail neu aufgerollt und packend wie ein Krimi erzählt: Das ergab grosses Kino für die Ohren.

Die neue Staffel «Serial»

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Die 3. Staffel von «Serial» ist am 20. September angelaufen. Sie spielt in einem Gericht in Cleveland, Ohio, und deckt anhand mehrerer Fälle auf, was im amerikanischen Justizsystem schief läuft. Hier gibt’s jede Woche eine neue Folge.

«Serial» stand im Herbst 2014 mehrere Monate lang an der Spitze der iTunes-Charts. Der Podcast wurde über 80 Millionen Mal heruntergeladen und zum Wegbereiter eines «neuen Genres des Audio-Storytellings».

«Ein Riesenerfolg», sagt der ehemalige Radiojournalist und freie Podcastmacher This Wachter. «‹Serial› übertrug das Prinzip Netflix konsequent auf Audio.» Seither sei der Begriff Podcast zu einer Etikette geworden für eine neue Art des Storytellings im Radio.

Ein Zugpferd der Podcast-Szene

Als reines Audioformat erreichte es die Massen: «Serial» wurde in den sozialen Medien diskutiert, in Late-Night-Shows parodiert und selbst von der Justiz wahrgenommen.

Auch unzählige Nachahmer hat «Serial» auf den Plan gerufen – und das Format aus der Nische in den Mainstream geholt. Über Audioserien wird längst genauso leidenschaftlich gesprochen, gewerweisst und gestritten wie über Netflix-Serien.

Doch noch immer sind es vor allem die englischsprachigen Podcasts, denen man lauscht und die einen fesseln. Um deutschsprachige Podcasts bleibt es vergleichsweise ruhig. Weshalb ist das so?

Video
Kino im Kopf: Neue Podcasts erobern unsere Ohren
Aus 10 vor 10 vom 28.08.2018.
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Filmische Kniffs im Radio angewendet

Dass die Impulse für neue Hörformate aus den USA kommen, sei kein Wunder: «Die Amerikaner haben eine Affinität zum Film und solche Podcasts sind sehr filmisch gemacht. Etwa durch den Einsatz der Musik, die Dramaturgie, viele Cliffhanger», sagt This Wachter. «Damit haben die Amerikaner weniger Berührungsängste als viele Radioleute in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk-Anstalten in Europa.»

Zudem habe es bereits Vorbilder gegeben. Etwa die Reportage-Reihe «This American Life» aus der «Serial» und später «S-Town» hervorging.

Im Vergleich zur englischen Podcast-Szene sind deutsche Formate häufig Zweitverwertungen bestehender Sendungen. Oder es sind sogenannte «Laberpodcasts», in denen vorwiegend gesprochen wird.

Weniger starke Sender, mehr freie Räume

Dafür gibt es auch strukturelle Gründe. In Europa entstehen Podcasts bisher vor allem im Umfeld und Auftrag der grossen Sendeanstalten – in der Schweiz machen sie laut einer Bakom-Studie etwa zwei Drittel des gesamten Audio-Angebots im Netz aus.

In den USA funktioniert das Mediensystem anders: Die Public Radios, deren Chicagoer Station WBEZ «Serial» produziert, sind spendenfinanziert und bestimmen den Markt weniger stark.

«Edi» – ein Podcast-Tipp in eigener Sache

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Die Geschichte eines Ganoven und Lebenskünstlers: Mit «Edi – Leben am Limit» hat SRF eine mehrteilige Podcast-Reihe produziert, die auf einer wahren Geschichte basiert. Hier gibt's alle Folgen und Infos zur Serie.

Für innovative Audio-Formate habe das auch Vorteile, sagt This Wachter: «Neben diesen Radios gibt es einfach noch mehr Luft, noch mehr Freiraum.» Diesen würden die Produzentinnen und Produzenten von «Serial», «S-Town», «Radiolab» oder «99% Invisible» voll ausgekostet.

Mit Werbeblöcken zum Ziel

Nebst kreativem Spielraum braucht es für aufwändige Produktionen aber auch genug Geld. Im englischsprachigen Raum sorgt dafür unter anderem die Werbung. Über Jingles und Werbeblöcke nutzen Firmen Podcasts als PR-Plattform und fördern ihre grossflächige Verbreitung.

Eine lachende Frau mit braunen Haaren und Brille.
Legende: Erstklassige Recherche, spannende Story: «Serial» von Sarah Koenig ist ein weltweiter Erfolg. Imago/ZUMA Press

Im kleineren deutschsprachigen Markt ist man sich solche Werbung in Audio-Formaten weniger gewohnt. Doch dass Podcasts sich ökonomisch lohnen können, hat man in den letzten Jahren auch hier entdeckt.

Ein Beispiel ist das Amazon-Hörbuchportal «Audible», das aktuell in Zusammenarbeit mit Radiojournalisten Dutzende eigener Podcasts produziert. Viele Tageszeitungen setzen auf Audioreihen – und Musikstreaming-Dienste werben damit: So übernahm Spotify 2016 etwa den Radiotalk «Fest & Flauschig» von Jan Böhmermann und Olli Schulz, der zuvor auf einem ARD-Sender lief.

Bei sich und mitten im Geschehen

Parallel dazu steigt die Nachfrage: Betrachtet man die Zahlen der Podcast-Abos, werden sie von Jahr zu Jahr grösser. «Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch in der Schweiz viel mehr Podcasts entstehen», meint This Wachter.

Zahlen zu Podcasts: Wie viele hören zu, hier und in den USA?

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  • Laut einer deutschen Umfrage von ARD und ZDF – die sich wohl ungefähr auf die Schweiz übertragen lässt – hören 13,1 % der Bevölkerung Podcasts.
  • Im Vergleich mit Live-Radio im Netz (29,4 %) oder Musikstreaming (33 %) ist dies eine eher kleine Zahl. Doch in den letzten Jahren stieg die Podcast-Nutzung: 2017 hörten 11 % der Befragten Podcasts, 2014 waren es 7 %.
  • In den USA sind die Zahlen in einer Studie von «Edison Research» genauer erfasst: 44 % der Bevölkerung hören Podcasts, 17 % wöchentlich.
  • Diese Gruppe regelmässiger Hörer lauscht im Schnitt pro Woche 6 Stunden und 37 Minuten und 7 verschiedene Formate, meist zu Hause (82 %) oder im Auto (58 %).

Diese Entwicklung sei auch eine Folge davon, wie wir heute Audio konsumieren. Smartphone und Kopfhörer statt UKW-Gerät lassen uns Geschichten intimer erleben – und genauer hinhören: «Für Radiostationen lohnt es sich, in gute Audioformate zu investieren, die Emotionen ansprechen und neue Klangwelten eröffnen.»

Auch wenn am Ende statt Blockbuster-Podcasts wie «Serial» eher Serien entstehen, die sich als Geheimtipp rumsprechen.

«Dass plötzlich alle Podcasts hören, ist eine Illusion»

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Legende: Florian Hohmann

Die Hamburger Medienforscherin und Fachreferentin Nele Heise forscht zu digitalen Medien und beschäftigt sich seit fünf Jahren mit dem Thema Podcasting.

SRF: Was hat der Erfolg von «Serial» in der deutschen Podcast-Szene ausgelöst?

Nele Heise: «Serial» war vor vier Jahren eine Art Blockbuster, bei dem plötzlich auch hier Journalisten aufgehorcht habe. Diese neue Art des Erzählens eines realen Falles, das Serielle, von einem sehr persönlichen Standpunkt aus Erzählte: Für viele Sendeanstalten war das ein Startpunkt, um eigene Formate auszuprobieren. Und ein Hinweis, dass es dafür auch ein Publikum gibt.

Können deutschsprachige Produktionen mit der Reichweite von «Serial» mithalten?

«Serial» war, was seine Wirkunsmächtigkeit angeht, auch im englischsprachigen Raum der Ausnahmefall. Es gibt viele Formate, die bei Weitem nicht so erfolgreich sind.

Trotzdem ist im deutschsprachigen Raum die Illusion entstanden, dass man das bloss zu kopieren oder nachzuahmen braucht und damit sofort die Türen eingerannt kriegt.

Dass plötzlich alle diese Reihen hören, ist eine Illusion. Der Markt für «True Crime»-Podcasts ist nach wie vor kleiner als etwa für Musik. Aber die Kontuinität, mit der das Podcasting nun verfolgt wird, ist erfreulich.

In welche Richtung bewegt man sich bei den Sendeanstalten gerade, was Podcasts angeht?

Schon sehr lange gibt es Zweitverwertungen von Sendungen im Netz. Sie haben den Markt lange Zeit dominiert und sind heute noch erfolgreich. Das hat wohl zu einer gewissen Faulheit bei der Innovation neuer Formate geführt: Man hat ja erfolgreiche Sendungen, die heruntergeladen und gehört werden.

Heute ist die Konkurrenz viel stärker geworden und man kann sich nicht auf das Bestehende verlassen. Es braucht neue Geschichten – und auch neue Stimmen am Mikrophon. Jüngere Journalistinnen und Journalisten bestimmen die Zukunft des Mediums.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur aktuell, 21.09.18, 8.20 Uhr

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