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Forschung zum Bienensterben «Wir plädieren für ein Umdenken bei Pestiziden»

Pestizide führen bei Bienen nicht nur oft zum Tod. Sie beeinträchtigen auch die Fortpflanzungsfähigkeit der Insekten, worauf eine aktuelle Studie der Universität Bern hinweist.

Man müsse beim Zulassen von Pestiziden umdenken, sagt die Forscherin Verena Strobl vom Institut für Bienengesundheit der Universität Bern.

Verena Strobl

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Forscht am Institut für Bienengesundheit der Universität Bern und ist mitverantwortlich für die aktuelle Publikation zur Auswirkung von Pestiziden auf Bienen.

SRF: Bisher ist man davon ausgegangen, dass Pestizide für Bienen vor allem gefährlich sind, weil sie sie töten können. Stimmt das also nicht?

Verena Strobl: Ja und nein. Pestizide können durchaus einen Effekt auf die Sterblichkeit von Bienen haben. Das Problem ist aber, dass man sich in der Risikobewertung von Pestiziden primär darauf fokussiert hat.

Man hat jetzt herausgefunden, dass Pestizide nicht immer töten, aber trotzdem drastische Effekte haben können. Das wird übersehen, wenn man sich nur auf die Sterblichkeit fokussiert.

Pestizide sind vor allem dann gefährlich, wenn sie den Reproduktionserfolg der Bienen beinträchtigen.

Sprich: Wenn man sich nur das Überleben anschaut und keinen Effekt feststellt, war das bis jetzt quasi grünes Licht für ein Pestizid. Wir plädieren für ein Umdenken, bei dem man den Fokus auf die Reproduktion und die sogenannte Fitness von Bienen legt.

Was versteht man in der Forschung unter der Fitness einer Biene?

Die Fitness zeigt, wie gut ein Tier an seine Umwelt angepasst ist.

Je besser ein Tier an seine Umwelt angepasst ist, desto höher auch sein Überlebens- und Reproduktionserfolg.

Pestizide können vor allem den Reproduktionserfolg von Bienen verringen. Und zwar sprechen wir hier von wilden Bienen. Honigbienen sind sozusagen Nutztiere, ein Imker kann also gewissen Problemen entgegenwirken. Beim Bienensterben stehen also Wildbienen im Fokus.

Wie beeinflussen Pestizide die Fortpflanzung von Bienen?

Eine Laborstudie hat herausgefunden, dass Bienen, die mit Pestiziden gefüttert wurden, weniger Nachkommen produziert haben. Die nächste Generation bestand also aus weniger Nachkommen.

Es wäre sehr erstrebenswert, gewisse Lebensräume zu schützen.

Eine andere Studie hat die Spermien von Honigbienen untersucht und gezeigt, dass Pestizide diese abtöten können. Auch das ist ein Mechanismus, der dazu führen kann, dass Weibchen nicht mehr so viele Nachkommen produzieren.

Wildbienen sind wichtig für das Ökosystem, weil sie Pflanzen bestäuben. Was müsste sich abgesehen von Pestiziden ändern, um ihr Sterben zu bremsen?

Bei Wildbienen ist einerseits der Lebensraum und andererseits auch das Nahrungsangebot ein grosses Problem. Der Mensch trägt durch die Landwirtschaft und die Verbauung von natürlichen Flächen stark dazu bei, dass Lebensräume eingeschränkt werden oder auch komplett verschwinden.

Es wäre sehr erstrebenswert, gewisse Lebensräume zu schützen. Dies würde einen Beitrag zum Erhalt der natürlichen Artenvielfalt leisten.

Das Gespräch führte Romana Costa.

Radio SRF 4 News, 4x4, 29.04.20, 14:06 Uhr ; 

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