Global gesehen reiht sich seit Monaten Temperaturrekord an Temperaturrekord, und so wird 2023 als wärmstes Jahr seit Messbeginn in die Annalen eingehen. Auch in der Schweiz war es oft rekordwarm, besonders von Mitte August bis Mitte Oktober. Besonders die längere Kaltphase im Spätherbst sorgte aber dafür, dass in der Schweiz, landesweit gesehen, kein neuer Jahresrekord der Temperatur verzeichnet wird. 2023 landet knapp hinter 2022 auf Platz 2. Allerdings ist es deutlich wärmer als 2018 und 2020, die bezüglich Jahrestemperatur auf Platz 3 und 4 liegen. Vereinzelt sorgen allerdings lokale Gegebenheiten auch in der Schweiz für neue Jahresrekordwert, so beispielsweise in Bern.
Rund 2,5 Grad zu warm
Gegenüber der klimatologisch relevanten Referenz der Jahre 1961 bis 1990 liegen die Temperaturen sowohl im Norden wie im Süden rund 2,5 Grad über der Norm. Am grössten ist der Temperaturüberschuss in der Nordwestschweiz und im westlichen Mittelland, wo 2023 stellenweise gar minim wärmer ist als das Vorjahr. Einzig im Hochgebirge liegen die Werte «nur» bei 1½ bis 2 Grad über der Norm, und gleichzeitig rund 1 Grad unter den Rekordwerten, die im Gebirge meist 2020 verzeichnet wurden.
Immer wieder extreme Warmphasen, kein Monat zu kalt
Das Jahr startete schon rekordwarm. In Delsberg gab es an Neujahr schon mehr als 20 Grad, und in der ersten Januarwoche lag die Temperatur in St. Gallen mehr als 9 Grad über dem Januarmittel. Obwohl es in der zweiten Januarhälfte deutlich kühler wurde, blieb es bis im April viel zu warm. Im April lagen dagegen die Temperaturen nur noch knapp über Norm und waren sogar unter dem statistischen Erwartungswert der Periode 1991 bis 2020. Auch im Mai zeigte das Thermometer noch lange bescheidene Werte.
Just an Pfingsten, Ende Mai, startete der Sommer 2023 in der Schweiz. Der Juni war nach 2003 der zweitwärmste auf der Alpennordseite, und auch im Juli und August ging es sehr warm weiter. Im September und auch in der ersten Hälfte des Monats Oktober war es so warm wie noch nie zu dieser Jahreszeit. Ab Mitte Oktober gingen die Temperaturen zurück, trotzdem war der Oktober 22 immer noch der zweitwärmste. Trotz grossen Niederschlagsmengen blieben auch der November und Dezember zu warm.
Hitzewerte wie selten zuvor
Am 24. August passierte in Genf ausserordentliches! Das Thermometer zeigte einen Werte von 39,3 Grad. Dies war die zweithöchste Temperatur in Genf überhaupt, nach den 39,7 Grad vom 7. Juli 2015. Es war aber auch der höchste Wert in der Schweiz im Jahr 2023. Noch nie im 21. Jahrhundert wurde der heisseste Tag so spät im Jahr verzeichnet. Heiss war es an jenem Tag aber nicht nur in Genf. Auch in Nyon, in Mathod in der Orbeebene und in Payerne, alle im Kanton Waadt gelegen, wurden mehr als 38 Grad gemessen. Richtig heiss war es aber auch schon am 11. Juli. An jenem Tag gab es in Genf 37,4 Grad und in Chur sogar 37,6 Grad.
Arktische Kälte war auch 2023 ein Fremdwort
Von Kälterekorden war man, wie so oft, in diesem Kalenderjahr wieder weit entfernt. Auf dem staatlichen Messnetz sank die Temperatur bis auf -25,8 Grad, gemessen am 19. Januar. An den übrigen Messstationen wurde der Wert von -25 Grad nicht unterboten. In Buffalora am Ofenpass wurden -24,9 Grad verzeichnet, in Ulrichen im Goms gab es -24,7 Grad. Spannend: Im östlichen Mittelland wurde der Jahrestiefstwert erst im Dezember verzeichnet. So gab es am Flughafen Zürich am 3. Dezember in der Früh einen Tiefstwert von -14,1 Grad, und auch in Tänikon, im Kanton Thurgau, wurde an jenem Morgen der Wert von -14 Grad erreicht.
Vielerorts zu nass
Das Jahr 2023 war in der Schweiz deutlich zu nass, besonders im Rhonetal und im Osten der Schweiz. In Sitten und im Elm ist es das zweitnasseste Jahr seit mehr als 70 Jahren, in Chur und in St. Gallen wird die drittgrösste Niederschlagsmenge seit Messbeginn verzeichnet. Auf dem Säntis stellen mehr als 3700 Millimeter Jahresniederschlag sogar einen neuen lokalen Rekord für den aktuellen Standort dar, allerdings sind die Messergebnisse von Gebirgsstationen immer mit Vorsicht zu geniessen sind, da Wind- und Schneesdrifteffekte immer wieder zu Messfehlern führen können.
Entgegen einer weit verbreiteten Meinung bleiben die Jahresniederschlagsmengen in der Schweiz konstant oder nehmen sogar leicht zu. Allerdings sind die Jahr-zu-Jahr-Schwankungen viel grösser, als die Veränderungen im Trend. Oft gibt es gerade in der Vegetationsphase auch lange trockene Phasen, die zu temporärer Trockenheit führen können. Die weiter zunehmende Bodenversiegelung und Bodenverdichtung führen dazu, dass der Niederschlag immer schlechter in den Boden eindringen kann.
In diesem Jahr war auch schon zu Beginn des Monats März von Dürre im Sommer die Rede. Danach war es aber zwei Monate lang nass, und der Frühling war an vielen Orten insgesamt zu feucht. Der Sommer startete trocken, und Mitte Juli kam es in Bitsch im Wallis zu einem grossen Waldbrand. Ende Sommer gab es speziell im Süden und inneralpin aber doch noch grosse Regenmengen. Ergiebig Regen fiel auch wieder im Spätherbst, stellenweise war es der nasseste November seit Messbeginn.
Der Schnee kam erst im Frühling
Im Winter bewegten sich die Schneehöhen oft im Bereich des Minimums. Erst mit den ergiebigen Niederschlägen in der zweiten Hälfte März fiel in der Höhe kräftig Schnee. Im April wurde teilweise die Normschneehöhe für diese Jahreszeit erreicht, allerdings war der Wassergehalt der Schneedecke bedeutend geringer als in Jahren mit vergleichbarer Schneehöhe.
Die Sonne gab sich Mühe
An den meisten Orten in der Schweiz lag die Sonnenscheindauer im Vergleich zur Norm 1961 bis 1990 über dem Durchschnitt. Nur im Hochgebirge und teilweise auch inneralpin blieben die Werte unter dem Mittelwert. Im Vergleich zum Vorjahr, an vielen Orten das sonnigste Jahr überhaupt, sind die Sonnenscheinstunden aber mehr als nur bescheiden. An vielen Orten nördlich der Alpen zeigte sich die Sonne rund 400 Stunden weniger als 2022, in Zürich sind es fast 450 Stunden. Auch südlich der Alpen fehlen zum Vorjahr rund 300 Sonnenstunden.
Faszination Wetter
Nebst der klimatologischen Statistik faszinierten auch in diesem Jahr wieder einzelne Wetterphänomene, die im Bericht «Rekorde und extreme Wetterereignisse» beschrieben sind.