Die französische Atomaufsichtsbehörde ASN klärt ab, ob auch das AKW Beznau betroffen ist vom französischen Atom-Skandal. Die ASN informierte das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) über die laufenden Untersuchungen.
Bei den Fertigungskontrollen von Bauteilen wie Reaktordruckbehältern im Schmiedewerk Creusot Forge waren Unregelmässigkeiten entdeckt worden. Das Werk gehört seit zehn Jahren als Tochterfirma zum Konzern Areva.
Ist die Beznau-Dokumentation unvollständig?
ASN kläre ab, ob die Schweiz von den Unregelmässigkeiten in den Unterlagen betroffen sei, sagte Ensi-Mediensprecher David Suchet am Freitag auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Er bestätigte einen entsprechenden Bericht von «Tribune de Genève» und «24 heures». Man stehe in ständigem Kontakt mit den europäischen Atomaufsichtsbehörden, hiess es weiter.
Der Atomkonzern Areva hatte Anfang Mai mitgeteilt, es seien Unregelmässigkeiten in den Unterlagen zu AKW-Bauteilen entdeckt worden. Die Aufsichtsbehörde ASN sprach von «Unstimmigkeiten, Veränderungen oder Weglassen» bei Herstellungsparametern und Testergebnissen.
Das Schmiedewerk Creusot Forge produzierte 1965 den Reaktordruckbehälter für Beznau 1, später auch denjenigen für Beznau 2. Weil bei Revisionsarbeiten im Reaktordruckbehälter von Beznau 1 rund 925 Materialfehler entdeckt wurden, steht diese Anlage seit März 2015 still. Es handelt sich um fehlerhafte Materialstellen mit einer Grösse von 5 bis 6 Millimetern.
Fehler bereits 1965 bei Produktion entdeckt
Die Herstellerfirma habe bereits 1965 bei der Prüfungen einen kleinen Einschlussfehler im Material festgestellt, sagte Mike Dost, Leiter des AKW Beznau, Anfang Mai vor den Medien in Böttstein. Die Materialfehler seien nicht während des Betriebs des Reaktors entstanden.
Der Einschluss sei eine Folge des Giessprozesses und der anschliessenden Verschmiedung. Der Einschluss gelte nach den damaligen und heutigen Reglementen als «akzeptabel», hiess es. Die Anzeigen hätten 1965 zu keinen Beanstandungen geführt. Die Axpo liess nach eigenen Angaben viele Seiten der Herstellungsdokumentation auswerten.
Um weitere Untersuchungen und Abklärungen über die Folgen der Einschlüsse im Reaktordruckbehälter vornehmen zu können, suchen die Axpo-Verantwortlichen sogenannte Teststücke. Diese stammen aus der Produktion des Druckbehälters oder aus anderen Anlagen.
Axpo muss noch mehr zittern
Der Block 1 ist mit 47 Betriebsjahren der älteste kommerzielle Reaktor der Welt. Der Energiekonzern Axpo rechnet als Betreiber damit, dass der Reaktor Ende Jahr hochgefahren werden kann.
Axpo muss der Aufsichtsbehörde Ensi nachweisen, das der Reaktor sicher betrieben werden kann. Dieser Nachweis könnte sich natürlich noch schwieriger gestalten, falls jetzt auskäme, dass die Dokumente aus dem französischen Stahlwerk «frisiert» wären.
Die Kosten für den Ausfall der Stromproduktion und für die aufwendigen Untersuchungen betragen gemäss Axpo bis Ende Jahr 200 Millionen Franken. Falls durch manipulierte Dokumente jetzt auch der Reaktor 2 von Beznau betroffen wäre, könnte das weitere Kostenfolgen für die Axpo nach sich ziehen. Der Stromkonzern dürfte also sehr darauf hoffen, dass die Dokumente zu den Bauteilen in Beznau alle korrekt sind.