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Aargau Solothurn «Heldin Hertha»: Vorkämpferin gegen den Sondermüll in Kölliken

Hertha Schütz-Vogel hat 1977 mit ihrem Kampf gegen die Sondermülldeponie in Kölliken begonnen. Damals wurde die Familienfrau belächelt, heute gilt sie vielen im Dorf als Heldin. Sie gab dem Widerstand der Kölliker ein Gesicht. Erinnerungen und Vermächtnis einer Kämpfernatur.

Zur Person

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Legende: SRF

Hertha Schütz-Vogel (*1939) führte zusammen mit ihren Brüdern und ihrem Mann eine Schreinerei (Familienbetrieb in 5. Generation). Vor zwanzig Jahren zog die Familie nach Unterentfelden (Nachbarort) um. Den Kampf gegen die Sondermülldeponie führte sie an Gemeindeversammlungen, als Leserbriefschreiberin, aber auch mit Eingaben bei den Behörden.

«Wäre ich ein Mann und in der FDP, sie hätten sicher mehr auf mich gehört.» Hertha Schütz-Vogel aber war eine junge Hausfrau und Mutter, Buchhalterin im Schreinerbetrieb der Familie, als sie sich 1977 zum ersten Mal lautstark gegen die bevorstehende Sondermüll-Ablagerung in ihrem Dorf zur Wehr setzte.

Hämische Bemerkungen und anonyme Anrufe

Als sie mit anderen Frauen zusammen einen ersten Informationsabend für die Bevölkerung organisieren wollte, habe ihr der Gemeindeschreiber davon abgeraten. «Das nimmt doch niemanden wunder», habe er gesagt. Und dann noch: «Es ist bald Weihnachten, backt doch Guetzli.»

Hertha Schütz-Vogel hat sich aber nicht beirren lassen. Auch nicht, als der Kantonsarzt die Kopfschmerzen der Anwohner als «Hausfrauen-Krankheit» bezeichnet habe, als psychosomatische Symptome von gelangweilten Damen.

Hertha Schütz musste viel über sich ergehen lassen: Anonyme Anrufe, Todesdrohungen. «Wenn Sie noch einmal aufstehen an einer Gemeindeversammlung, dann sorge ich dafür, dass Sie gar nie mehr aufstehen können», schrieb einmal jemand in einem Brief.

Trotzdem wehrte sie sich über Jahrzehnte gegen den giftigen Müll im Boden ihres Dorfes. «Wasser ist Leben, mein Kampf galt immer dem sauberen Wasser», sagt die 76-jährige Frau heute im Gespräch mit Radio SRF. Hertha Schütz-Vogel sammelte über Jahre akribisch alle Dokumente, die es zur Sondermülldeponie in Kölliken irgendwo zu finden gab. Nur den Drohbrief von damals habe sie weggeworfen. «Das hätte mich in meiner Arbeit behindert.»

Heldin, aber «nicht pflegeleicht»

Für die einen im Dorf wurde sie mit ihrem Kampf zur Heldin, für andere zur Hassfigur. Noch heute werde sie als das wahrgenommen, was sie sei, findet Hertha Schütz. «Als nicht ganz pflegeleicht», erklärt sie schmunzelnd.

Doch die unbequeme Frau sollte Recht behalten: Hertha Schütz schrieb schon 1978 in einem Leserbrief, man müsse die Abfälle doch katalogisieren und getrennt nach Schadstoffen entsorgen. «Genau das haben sie jetzt gemacht», sagt die engagierte Frau nicht ohne Stolz. «Ich habe damals als Hausfrau offenbar mehr gewusst als die Geologen und anderen Fachleute.»

Audio
Hertha Schütz-Vogel erinnert sich an ihren Kampf (26.06.2015)
21:14 min
abspielen. Laufzeit 21 Minuten 14 Sekunden.

Ihren ersten Erfolg konnte Hertha Schütz 1985 verbuchen, als der Kölliker Gemeinderat auf Druck der Öffentlichkeit die provisorische Schliessung der Giftmüll-Deponie verfügte. Doch jahrelang noch versuchten Kanton und Industrie, die Deponie wieder zu öffnen.

Der Kampf von Hertha Schütz ging deshalb immer weiter. Unterstützung habe sie damals vor allem vom Journalisten Walter Hess erhalten, betont die Kämpfernatur. «Ohne ihn hätte ich das alles nie erreicht.»

Der Kampf geht weiter

Wenn jetzt die letzten Fässer und Schlacken in Kölliken ausgegraben sind, dann erfüllt es sie mit etwas Genugtuung. «Ein Dankeschön dürfen sie von Männern aber nicht erwarten», meint Hertha Schütz. Und spricht damit auf alle die Behördenvetreter und Fachleute an, die in den 70er- und 80er-Jahren für die Sondermüll-Deponie eingestanden sind – und die Hertha Schütz-Vogel und ihre Anliegen nie wirklich ernst genommen hätten.

Für Hertha Schütz spielt es keine Rolle. Sie ist heute genau doppelt so alt wie damals, als ihr Kampf gegen die Deponie in Kölliken begonnen hat. Doch auch in ihrem hohen Alter kämpft die Dame weiter. «Die Deponie Rothacker in Walterswil ist ebenfalls eine Gefahr», meint Schütz. Überhaupt: Chemie-Abfälle stellten weltweit ein Risiko dar.

Was sollen nachfolgende Generationen von Kölliken lernen? «Wir müssen zu unserer Umwelt Sorge tragen», sagt die mehrfache Grossmutter. Und was lernt man von ihr persönlich? «Man sagt immer, jemand alleine könne doch nichts erreichen. Aber das stimmt nicht.»

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