Natürliche Flusslandschaften sind selten geworden im Aargau, einige Leute werden sich wohl kaum noch vorstellen können, wie Flüsse und Bäche im natürlichen Zustand aussehen. In den Jahren bis ungefähr 1990 hat der Mensch, fast ohne Rücksicht, Flüsse kanalisiert, Kraftwerke gebaut, Schwemmgebiete trockengelegt und die Landwirtschaftsfläche entlang von Gewässern erweitert.
Das Umdenken, welches zu Beginn der 1990er Jahre eingesetzt hat, lässt sich nun immer mehr erkennen. Diverse Renaturierungsprojekte sind in der Zwischenzeit aufgegleist oder abgeschlossen worden. Ein ganz grosses kommt nun zum offiziellen Abschluss.
Gerade für den Wasserkanton Aargau wichtig
Die Rheinaue in Rietheim, zwischen Koblenz und Bad Zurzach gelegen, wurde seit gut einem Jahr renaturiert. Mit diversen Massnahmen hat der Aargau im Rahmen des Projektes Auenschutzpark dem Rhein mehr und mehr seiner natürlichen Form zurückgegeben, hat ein Gebiet geschaffen, in welchem sich das Wasser seinen eigenen Weg suchen kann.
Der Aargauer Baudirektor Stephan Attiger freut sich über die stetige Erweiterung der Auenlandschaften im Kanton und über den Abschluss des Projektes in Rietheim: «Der Aargau ist als Wasserkanton prädestiniert für ausgedehnte Auenlandschaften, zwei Drittel des ganzen Schweizer Wassers fliessen durch den Aargau.»
Und immerhin hat das Aargauer Stimmvolk 1993 beschlossen, dass ein Prozent der Kantonsfläche aus Auen-Landschaft bestehen soll. Dieses Ziel wird mit der Eröffnung des Auengebietes in Rietheim nun fast erreicht.
Zwar sollen noch mehr Projekte folgen, die entsprechenden Gebiete in Sins, Mellikon oder Villnachern sind bereits im Richtplan verzeichnet, doch die Umsetzung muss noch warten, momentan fehle dem Kanton schlicht das Geld, sagt Regierungsrat Attiger.
Ein ganz spezielles Naturerlebnis
In Rietheim zeigt sich nun, wie schön ein natürliches Flussgebiet sein kann, und wie gern die Natur zurückkommt. Pensionär Kurt Weidnauer hat aus Freude das Projekt mitverfolgt und kam während den Renaturierungsarbeiten immer wieder ins Auengebiet Rietheim. Vergleicht er den Zustand jetzt und früher, dann ist er begeistert: «Es ist eine Pracht und lädt so richtig zum Spazierengehen ein.»
Genau das wolle man neben dem Naturschutz und der Förderung der Biodiversität unbedingt auch erreichen, erklärt Baudirektor Stephan Attiger: «Die Leute sollen in die Aue kommen.» Es sei ein ganz spezielles Naturgebiet, in dem sich die Leute auch wohlfühlen und erholen sollen.
Dass Tiere sich hier wohlfühlen hat Pensionär Kurt Weidnauer bereits selber erlebt: «Kürzlich habe ich hier einen Eisvogel gesehen, zuvor hatte ich nie einen Eisvogel in freier Natur gesehen», sagt er voller Freude.
Spuren und Geräusche von Tieren begleiten den Besucher schon jetzt durch die Aue. Der Biber knabbert Bäume an und baut seine Dämme im natürlichen Flusslauf, alle möglichen Arten Amphibien und Vögel machen sich den Ohren bemerkbar. Kurz, es ist ein Naturerlebnis, wie man es im dicht besiedelten Mittelland nicht an vielen Orten findet.