- Laut der zweiten SRG-Umfrage wollen 63 Prozent die sogenannte «Begrenzungsinitiative» ablehnen. 35 Prozent sind dafür.
- Damit bleiben die beiden Lager über den Abstimmungskampf hinweg äusserst stabil.
- Dass die SVP den deutlichen Rückstand noch wettmachen kann, ist äusserst unwahrscheinlich.
Die gute Nachricht für die SVP: Die «Begrenzungsinitiative» zieht. Die schlechte Nachricht: Sie zündet fast nur im eigenen Lager.
Bei ihren Kernthemen Migration und Europa punktet die Partei zwar nach wie vor bei der Basis. Im Gegensatz zum spektakulären Abstimmungserfolg bei der Masseneinwanderungsinitiative (MEI) von 2014 vermag sie aber kaum über die Parteigrenze hinaus zu überzeugen.
Kein «unterschwelliger Meinungsdruck»
Stattdessen formiert sich geschlossener Widerstand gegen die Aufkündigung der Personenfreizügigkeit mit der EU. Bis weit ins bürgerliche Lager folgt die Stammwählerschaft den ablehnenden Parolen ihrer Parteien. «Im Unterschied zur MEI wird das Vorhaben nur vom SVP- und dem regierungskritischen Lager getragen», sagt Martina Mousson vom Forschungsinstitut gfs.bern.
Entsprechend kommen die Politologen vom Forschungsinstitut, das die Umfrage im Auftrag der SRG SSR durchgeführt hat, zum Schluss: Den Coup von 2014 wird die SVP kaum wiederholen können. «Es müsste etwas Gröberes passieren, um noch etwas ins Wanken zu bringen», so Mousson.
Dazu kommt: Die Schweizer Stimmbevölkerung konnte sich in den letzten Jahren wiederholt zu vergleichbaren Vorlagen an der Urne äussern. Beim Thema Zuwanderung sind die Meinungen inzwischen verfestigt. «Es gibt keine Hinweise auf einen unterschwelligen Meinungsdruck, der sich bei der Abstimmung entladen könnte», sagt die Politologin.
So steht zu vermuten, dass der neue SVP-Präsident Marco Chiesa am 27. September eine Abstimmungsniederlage im Kerndossier seiner Partei erklären muss. Ein – wenn auch kleines – Trostpflaster für den Tessiner: In der Schweiz klafft in der Zuwanderungsfrage ein «Polentagraben».
Denn im Tessin herrscht derzeit eine Pattsituation – die Initiative könnte hier durchaus angenommen werden. Im Grenzgängerkanton hat Skepsis in der Migrationspolitik Tradition. In der ungleich bevölkerungsreicheren West- und Deutschschweiz wird die Initiative derzeit aber klar abgelehnt.
Insgesamt finden fast zwei Drittel der Befragten, dass die Initiative Wohlstand und Arbeitsplätze in der Schweiz gefährdet. «Das ist das wichtigste Argument gegen diese Vorlage», sagt Mousson. Zudem finden viele Stimmberechtigte, dass die Initianten keine Alternative aufzeigen, wie das Verhältnis zur EU künftig gestaltet werden könnte.
Gerade in unsicheren Coronazeiten scheut sich laut gfs.bern eine Mehrheit der Befragten davor, das Verhältnis zum wichtigsten Handelspartner der Schweiz weiter zu belasten. Dagegen polarisiert sogar die Grundidee der Initiative, dass die Schweiz die Zuwanderung wieder selber regeln soll: Dem stimmen 48 Prozent der Befragten zu, 49 Prozent sind nicht einverstanden.