- Die Befürworter der Konzernverantwortungsinitiative haben eine knappe Mehrheit der Schweizer Stimmenden von ihrem Anliegen überzeugen können.
- Doch die Vorlage scheiterte deutlich am Ständemehr.
- Damit stehen beide Seiten in der Verantwortung.
Die Wirtschaftsverbände zeigten sich erleichtert. Der Gegenvorschlag entspreche den internationalen Standards und enthalte die wichtigen Themen, sagte Economiesuisse-Präsident Christoph Mäder. Und auch der Dachverband Swissholdings, der die multinationalen Konzerne vertritt, zeigte sich erleichtert.
Für den Gewerbeverband zeigt das Nein, dass «der Souverän in der jetzigen Zeit Experimente und Sonderregelungen ablehnt», wie er schreibt. «Gerade jetzt wäre die krisengeschüttelte Wirtschaft immens belastet worden», konstatiert auch der Arbeitgeberverband in seiner Mitteilung.
Mehrheit der Bürgerlichen erleichtert
Gespalten waren die Parteien. In den Worten der FDP wurde ein «schädlicher Alleingang» verhindert. FDP-Präsidentin Petra Gössi sieht das knappe Resultat nicht als Misstrauensvotum für die Wirtschaft. «Es gibt ganz viele Unternehmen, die sich korrekt verhalten.» Mit dem Gegenvorschlag habe man nun die Möglichkeit, gegen schwarze Schafe vorzugehen. Und auch die CVP schrieb, der Gegenvorschlag sei der effektivere Weg, um das Anliegen der Initiative umzusetzen.
Die SVP nannte das knappe Resultat einen Weckruf für Wirtschaftsverbände und Mitteparteien, sich «endlich klar gegen Links-Grün und deren Umverteilungs-Sozialismus abzugrenzen». Die Mehrheit der Stimmenden habe sich nicht moralisch erpressen lassen, schrieb sie.
«Schweiz riskiert guten Ruf»
Für die Initianten und ihre Unterstützer – über 130 Hilfswerke, Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen, Gewerkschaften, kirchliche Organisationen und andere Vereinigungen – ist das Nein eine Enttäuschung. Die Schweiz riskiere damit einmal mehr, auf dem letzten Platz zu landen, wie schon beim Thema Geldwäscherei oder beim Bankgeheimnis, sagte der ehemalige Tessiner FDP-Ständerat Dick Marty, Co-Präsident des Initiativkomitees.
Gemäss Andreas Missbach, von der NGO Public Eye und Mitglied des Initiativkomitees, werde man den Konzernen jetzt «sehr genau» auf die Finger schauen. Ausserdem müsse die Schweiz die von der EU geplanten Sorgfaltspflicht-Regelungen umgehend übernehmen.
Mehr als ein Achtungserfolg ist aber die Tatsache, dass das linke Anliegen überdurchschnittlich grossen Rückhalt über die Parteigrenzen hinaus genoss. GLP, BDP und EVP und mit ihnen Mitglieder von CVP, FDP und SVP hatten die Initiative im bürgerlichen Pro-Komitee unterstützt. Der ungenügende Gegenvorschlag müsse bald weiterentwickelt werden, bilanzierte das Komitee.
Keller-Sutter glättet die Wogen
Die Justizministerin versuchte nach der Abstimmung die Wogen zu glätten und würdigte die Arbeit der Initianten. Die Mehrheit der Stände habe sich zwar gegen den Weg der Initiative ausgesprochen, aber nicht gegen das Anliegen an sich.
Die Befürworter stünden nicht mit leeren Händen da. «Mit dem Gegenvorschlag wird für Unternehmen nun vieles verbindlich, was vorher freiwillig war.» Das Gesetz werde in Kraft treten, sofern in den nächsten hundert Tagen kein Referendum dagegen zustande komme. Sobald es so weit sei, werde die Schweiz bei der Bekämpfung der Kinderarbeit weiter gehen als die meisten Länder.