Zwei Wochen vor der Abstimmung wollen immer noch 57 Prozent der Stimmberechtigten bestimmt oder eher ein Ja zur Konzernverantwortungs-Initiative ins Abstimmungscouvert legen. Sechs Prozentpunkte haben die Gegner in vier Wochen aufgeholt. Es bleiben ihnen zwei Wochen für sieben Prozentpunkte. Rechne!
Wenn sich der Trend Richtung Nein nicht noch deutlich verstärkt, wird die Initiative die Hürde des Volksmehrs schaffen. Dann käme es auf das Ständemehr an.
Hoch eingestiegen, wenig verloren
Mit 63 Prozent Zustimmung ist die Konzernverantwortungs-Initiative vor vier Wochen auf hohem Niveau in den Abstimmungskampf gestartet. Das ist nicht unüblich für eine Initiative. Doch mit dem Einsetzen der Gegenkampagnen sinkt die Zustimmung meistens rapide. Ganz nach dem Motto: Ja zum Grundanliegen, Nein zur vorgeschlagenen Lösung.
Damit eine Initiative angenommen werden kann, muss sie auf hohem Niveau einsteigen und darf in der heissen Phase des Abstimmungskampfes nicht zu viel verlieren. Beides trifft auf die Konzernverantwortungs-Initiative zu. Die Initianten haben mit einer sehr langen Kampagne – sie begann vor vier Jahren bei der Einreichung und dauerte praktisch ununterbrochen an – eine solide Basis gelegt. Daran beissen sich die Gegner gerade die Zähne aus.
Befürworter argumentativ im Vorteil
Das grösste Problem der Gegner sind ihre Argumente. Zu Beginn der Kampagne setzten sie alles auf das KMU-Argument. Zehntausende KMU wären von den strengeren Regeln betroffen, behaupteten sie. Laut Initianten geht es jedoch nur um die schwarzen Schafe unter den grossen Konzernen. Die Initiative sieht Ausnahmen für KMU bei der Sorgfaltspflicht und keine Haftung für die Lieferkette vor.
Das beste Argument der Gegner schafft es auf 55 Prozent Zustimmung. Dem besten Argument der Initianten stimmen jedoch 85 Prozent zu: Es dürfe keine Konkurrenzvorteile geben für verantwortungsloses Handeln.
Angriff auf Kirchen und Hilfswerke
Die Befürworter sind damit argumentativ im Vorteil. In der Folge wurde der Abstimmungskampf immer emotionaler, teilweise auch gehässig. Die Gegner schiessen nicht mehr gegen die Initiative, sondern auf die Hilfswerke und die Kirchen. Wirtschaftsvertreter bezichtigen engagierte Hilfswerke undurchsichtiger Kampagnenfinanzierung. Gläubige Gegnerinnen der Initiative werfen Kirchenvertretern vor, sie als schlechte Christinnen hinzustellen.
Die Gegner stellen die Glaubwürdigkeit der Befürworterinnen infrage – ehemalige Bundespolitiker fast aller Parteien, Hilfswerke und Kirchen. Ihnen gingen die Argumente aus, frotzeln die Befürworter. Tatsächlich ist die Strategie riskant. Ob sie aufgeht, ist zwei Wochen vor der Abstimmung völlig offen.