- Wäre Anfang November über die Kriegsgeschäfte-Initiative abgestimmt worden, wäre sie mit einer knappen Mehrheit angenommen worden.
- 50 Prozent der Stimmberechtigten hätten für die Vorlage gestimmt, 45 Prozent dagegen.
- Die Meinungsbildung entwickelt sich zu einem Nein. Dieser Trend hält an.
Gemäss der 2. SRG-Trend-Umfrage von Anfang November wäre ein Volksmehr innerhalb des Fehlerbereichs von ±2.7 Prozentpunkten aber nicht mehr sicher: 50 Prozent der befragten Stimmberechtigten sagten «bestimmt» oder «eher» Ja zur Kriegsgeschäfte-Initiative, 45 Prozent «bestimmt» oder «eher» Nein.
Lukas Golder, Politikwissenschaftler von gfs.bern, stellt eine wachsende kritische Auseinandersetzung mit der Initiative fest. «Man befürchtet, dass gerade in Corona-Zeiten der wirtschaftliche Schaden ein zu grosses Risiko darstellt und zweifelt an der Wirkung der Initiative: Die Schwächen stehen somit immer mehr im Vordergrund.»
Im Vergleich zur 1. Umfrage im Oktober ist der Anteil der Unentschlossenen mit fünf Prozent gleich geblieben. Aber die Gegner der Vorlage konnten mit 45 Prozent Nein-Stimmen vier Prozentpunkte von der Ja-Seite gewinnen. Die von gfs.bern Befragten schätzen denn auch, dass die Initiative vermutlich knapp abgelehnt werden könnte.
Risiko wirtschaftlichen Schadens und Zweifel an der Wirkung: Die Schwächen der Initiative stehen immer mehr im Vordergrund.
Polarisierung nach Parteibindung
Bei der Unterstützung für die Initiative zeigt sich eine klare Polarisierung von links und rechts. Anhängerinnen von Grünen (93 % Ja) und SP (86 % Ja) sprechen sich unverändert für die Vorlage aus. Bei der GLP ist die Unterstützung mit 62 Prozent (-3 Prozentpunkte) nur leicht zurückgegangen.
Die Ablehnung hat sich Mitte-rechts verstärkt: Anhänger von CVP sind mit 65 Prozent bestimmt oder eher dagegen. Bei FDP-Wählern sind es 76 Prozent und bei der SVP 72 Prozent.
Bei Parteiungebundenen ist die vormalige Zustimmung im Oktober gar von 64 auf 41 Prozent eingebrochen.
Männer und Frauen stimmen deutlich anders ab
Bei den Frauen bleibt die Meinungsbildung auffallend: Auch wenn die Nein-Seite mit 35 Prozent etwas zulegte (+6 Prozentpunkte) und die Ja-Seite mit 59 Prozent vier Prozentpunkte einbüsste, liegt die Zustimmung zur Kriegsgeschäfte-Initiative signifikant höher als bei Männern mit 42 Prozent Ja-Anteil.
«Wir haben einen klaren Geschlechtergraben», bestätigt denn auch Golder. «Frauen sind zwar kritischer geworden, aber noch immer mit deutlicher Mehrheit für diese Initiative.»
Neben der Zustimmung der Frauen stellt gfs.bern in der Westschweiz einen Trend in Richtung Ja fest sowie eine intensive Debatte zugunsten der Initiative. «In der Summe gibt das viel Sympathie für dieses Anliegen, sodass die moralische Seite immer noch klar im Vordergrund steht», so Golder.
Mehrheit noch möglich?
Mit den aktuell 50 Prozent Ja und 45 Prozent Nein bei einem Fehlerbereich von ±2.7 Prozentpunkten ist die Initiative an der Urne nicht gesichert. Die Hauptargumente der Initianten «Glaubwürdigkeit des Landes», «Kriege als Fluchtgrund» oder «Pensionskassengelder für Material zum Töten» haben zwar starke Zustimmungswerte. Aber die Schwächen der Initiative und die Zweifel an ihrer Wirkung prägen die Meinungsbildung.
Derzeit laufe die Auseinandersetzung um die Frage der Konzernverantwortung, sagt Golder und verweist darauf, «wenn nicht so intensiv diskutiert wird, haben linke Initiativen wie die Kriegsgeschäfte-Initiative kaum Chancen. Der Nein-Trend wird sich eher noch verstärken. Ich glaube nicht mehr, dass eine Mehrheit möglich ist.»