Das linke Lager darf sich zu Recht freuen. Als es vor vier Jahre vier der fünf Sitze in der Berner Stadtregierung holt, sprachen viele von einem Zufallssieg. Tatsächlich hatte sich das bürgerliche Lager damals zerstritten, weshalb es den Sitz des damaligen FDP-Gemeinderats Alexandre Schmidt nicht halten konnte – und Links-Grün reüssierte. Dieses Jahr ist es anders: Die Bürgerlichen traten geschlossen an, und hatten dennoch keine Chance gegen das dominante rot-grüne Lager.
Eine Schmach für die Bürgerlichen
Das Wahlresultat ist ein grosser Triumph für die grünen Parteien und die SP. Und eine Schmach für die Bürgerlichen. Wieder hat es nicht gereicht. Das erstaunt. Viele Beobachter waren sich einig, dass es mit dem Bündnis hätte klappen sollen.
Doch zwei Dinge gingen wohl vergessen. Bern mag von aussen als behäbig wirken, doch die Stadt ist politisch die linkste Grossstadt der Schweiz. Die Bürgerlichen haben es schwer, sehr schwer. Und: Die Politik, wie sie das RGM-Bündnis seit fast 30 Jahren betreibt, kommt bei den Wählerinnen sehr gut an. Die Massnahmen zur Verkehrsberuhigung sind erwünscht, der Ausbau der Kinderbetreuung ist ein grosses Bedürfnis. Und da verzeiht es offenbar das Stimmvolk, dass die Finanzen in letzter Zeit aus dem Ruder geraten sind.
Bern ist urban und sehr links. Das Stimmvolk mag vielleicht nicht mit allem, was die rot-grüne Regierung macht, zufrieden sein (Stichwort Finanzen), aber den Bürgerlichen traut man das Regieren noch viel weniger zu. Bern ist und bleibt links – daran dürfte sich so schnell nichts ändern.
Linke Parteien sind sich nicht in allem einig
Leidet darunter die politische Dynamik? Ein bisschen wohl schon. Vergessen darf man aber nicht: Die linken Parteien sind sich nicht in allem einig. Es ist kein Zufall, dass es viele verschiedene grüne Parteien gibt in der Berner Stadtpolitik. Politische Diskussionen finden hier nicht zwischen links und rechts statt. Sondern zwischen sehr links und links, zwischen grün-liberal und grün-alternativ. Der Sieg der Linken ist ein starkes Zeichen – und ein Hinweis für die Bürgerlichen, dass sie mit ihrer Politik nur eine Chance haben, wenn sie sich dem städtischen Polit-Gusto anpassen.