Basel-Stadt stimmt über die Einführung eines Mindestlohns ab. Diese Abstimmung könnte ein Paradigmenwechsel sein. Entsprechend engagiert und ideologisch geprägt wird der Abstimmungskampf geführt.
Der Reihe nach: wieso Paradigmenwechsel?
2014 versenkte das Schweizer Stimmvolk einen nationalen Mindestlohn mit einem wuchtigen Nein. Über 76 Prozent stimmten damals gegen einen Mindestlohn von 22 Franken pro Stunde. Damit gaben sich die Gewerkschaften aber nicht geschlagen. Sie sehen im Mindestlohn weiterhin ein geeignetes Mittel gegen das Working-Poor-Problem – und lancieren die Forderung seither auf kantonaler Ebene.
Bislang konnten Gewerkschaften und linke Parteien nur in den Westschweizer Kantonen Genf, Neuenburg und Jura sowie dem Tessin die Forderung nach einem Mindestlohn durchsetzen. Aber im urbanen Kanton Basel-Stadt geniesst das Anliegen ebenfalls viel Sympathie.
Entsprechend sagt der Präsident des Basler Gewerkschaftsbundes, Benjamin Plüss: «Eigentlich braucht es einen schweizweiten Mindestlohn. Einige Kantone gingen schon mit gutem Beispiel voran. Nach Basel-Stadt sind wir auch in Baselland daran, einen Mindestlohn zu etablieren.»
Die zentralen Argumente der Initiativ-Befürworter
- Der Mindestlohn ist kein Luxus, sondern sichert das Existenzminimum. Es ist ein geeignetes Mittel, um das Working-Poor-Problem zu bekämpfen. Ein Mindestlohn von 23 Franken pro Stunde sichert in Basel-Stadt, dass man die Rechnungen für Miete, Krankenkasse und Nahrungsmittel zahlen kann.
- Es stimmt nicht, dass ein Mindestlohn Arbeitsplätze vernichtet. Tiefstlöhne werden hauptsächlich für Putzkräfte, im Detailhandel oder auch in der Pflege bezahlt. Das sind systemrelevante Jobs, die nicht einfach verschwinden werden.
- Ein Mindestlohn fördert sogar den Wirtschaftsstandort. Die Menschen haben mehr Kaufkraft und geben das Geld auch in ihrer Region aus. Das stärkt den lokalen Wirtschaftskreislauf.
Die zentralen Argumente der Initiativ-Gegner
- Die Forderung nach existenzsichernden Löhnen ist ein berechtigtes Anliegen. Ein Mindestlohn bewirkt aber das Gegenteil. Wegen höheren Lohnkosten werden Unternehmen Arbeitsplätze abbauen und diese auslagern. In der Konsequenz werden die Menschen im Tieflohnsegment unter einem Mindestlohn leiden.
- Basel-Stadt ist ein kleiner Kanton – rundherum gibt es keinen oder nur deutlich tiefere Mindestlöhne. Unternehmen werden in andere Kantone oder ins Ausland abwandern. Das trifft auch für Konsumentinnen und Konsumenten zu: Sie werden vermehrt ausserhalb von Basel ins Restaurant gehen und ihre Einkäufe erledigen.
- Den Menschen im Tieflohnbereich muss man mit Weiterbildungen helfen. Sie müssen sich im Arbeitsmarkt bessere Chancen erarbeiten können.
Wieso über verschiedene Mindestlöhne abstimmen?
Am 13. Juni stimmt Basel-Stadt nicht nur über die Einführung eines Mindestlohns in der Höhe von 23 Franken pro Stunde ab. Es steht zusätzlich der Gegenvorschlag in der Höhe von 21 Franken Mindestlohn zur Option.
Für den Präsidenten des Basler Gewerkschaftsbundes, Benjamin Plüss, ist der Gegenvorschlag aber keine Option: «Diese Variante ist nicht nur zu tief, sie lässt auch zu viele Ausnahmen zu.» Und auch FDP-Kantonspolitiker Luca Urgese sieht darin keinen gangbaren Kompromiss: «Es geht hier um eine Grundsatzfrage. Falls wir einen Mindestlohn einführen, wird sofort die Forderung nach einer Erhöhung folgen.»
Diese Argumente zeigen, dass diese Abstimmung als richtungsweisend interpretiert wird und der Abstimmungskampf entsprechend ideologisch geführt wird.