- Eine Initiative will in Basel-Stadt einen Mindestlohn von 23 Franken in der Stunde einführen.
- Das Basler Parlament hat sich am Mittwoch auf einen Gegenvorschlag geeinigt. Dieser sieht einen Mindestlohn von 21 Franken in der Stunde vor.
- Die Ratslinke sowie mehrere Politikerinnen und Politiker der Bürgerlichen haben für den Kompromiss gestimmt. Dies obwohl sich im Vorfeld Arbeitgeber- und Berufsverbänden sowie Exponeten aus der Wirtschaft vehement gegen die Einführung eines Mindestlohns ausgesprochen haben.
Bislang konnten Gewerkschaften und linke Parteien nur in den Westschweizer Kantonen Genf, Neuenburg und Jura sowie dem Tessin die Forderung nach einem Mindestlohn durchsetzen. Aber im urbanen Kanton Basel-Stadt geniesst das Anliegen viel Sympathie.
Es ist denkbar, dass Basel als erster Deutschschweizer Kanton einen Mindestlohn vorschreibt. Das wäre ein Paradigmenwechsel. Entsprechend engagiert und ideologisch geprägt wird der Abstimmungskampf geführt.
Gewerkschaften und linke Parteien sehen in einem gesetzlichen Mindestlohn ein geeignetes Mittel gegen die das Working Poor-Problem. «Es gibt Branchen, die leider keine Sozialpartnerschaft haben. Da brauchen wir einen Mindestlohn», sagt die Basler Gewerkschafterin und SP-Grossrätin Toya Krummenacher.
Es gibt Branchen, die keine Sozialpartnerschaft haben. Da brauchen wir einen Mindestlohn
Die bürgerliche Befürchtung, ein Mindestlohn sei ein Job-Killer, hält Krummenacher im Hochpreisland Schweiz für ein Schauermärchen. Sie veranschaulicht ihre Haltung an einem Kleidergeschäft in der Innenstadt: «Hier drücken vor allem die hohen Mietzinsen auf die Margen, nicht die Löhne.»
Bei Wirtschaftsverbänden und bürgerliche Parteien sorgt diese Argumentation für Kopfschütteln. «Viele Branchen können sich aufgrund des Wettbewerbs schlicht keine höheren Löhne leisten», sagt Gabriel Barell, Direktor des Basler Gewerbeverbands.
Es droht, dass Arbeitsplätze verschwinden.
Es bestehe sogar die Gefahr, dass der Schuss nach hinten losgeht: «Wenn der Staat einen Lohn diktiert, trifft es am Ende die gering Qualifizierten selbst. Es droht, dass diese Arbeitsplätze verschwinden.» Wenn die Preise in Bereichen wie Gastronomie und Detailhandel stiegen, bestehe die Gefahr, dass Baslerinnen und Basler noch mehr in Deutschland einkaufen oder nach Frankreich essen gingen.
Grosse Firmen leisten den Bürgerlichen Schützenhilfe in dieser ideologisch geprägten Debatte. In einem offenen Brief äussern gleich sieben Wirtschaftskapitäne grosser Basler Unternehmen ihre Bedenken. Darunter finden sich Firmen wie das Pharmaunternehmen Lonza, das international renommierte Architekturbüro Herzog & de Meuron oder auch die Basler Versicherungen.
Ein Mindestlohn ist ein grundsätzlich falscher Ansatz. Wir zerstören damit unser Erfolgsmodell.
Diese Firmen wären zwar kaum von einem Mindestlohn betroffen. Trotzdem sagt Andreas Burckhardt, Verwaltungsratspräsident der Basler Versicherungen: «Ein Mindestlohn ist ein grundsätzlich falscher Ansatz. Wir zerstören damit unser Erfolgsmodell der Sozialpartnerschaft.» Burckhardt befürchtet, dass viele Firmen den kleinräumigen Stadtkanton Basel verlassen könnten.
Die direkt betroffenen Unternehmen sind gespalten. Auf der Gegnerseite ist zum Beispiel Serge van Egmond, der in der Basler Innenstadt ein Blumengeschäft betreibt. «Blumen sind nicht zwingend notwendig. Ich kann meine Bouquets nicht plötzlich viel teurer verkaufen», sagt er. Ausserdem könnte ein Mindestlohn für böses Blut in der Branche sorgen: «Wenn ich einem einfachen Mitarbeiter plötzlich gleich viel Lohn zahlen muss wie einer gelernten Fachfrau, setzt das ein schlechtes Zeichen.»
Weniger dramatisch sieht das Alexandra Dill. Die SP-Grossrätin betreibt in Basel die Markthalle, ein beliebter Gastro-Treffpunkt. «Ich glaube, auch in der Gastronomie sind die Löhne nicht derart tief, dass ein Mindestlohn die Unternehmen existenziell bedrohen würde», sagt Dill. Ausserdem betont sie, dass ein Mindestlohn auch einen positiven Effekt auf die Wirtschaft haben könne: «Wenn die Angestellten mehr verdienen, geben sie auch mehr aus. Davon profitieren wiederum die Unternehmen.»