Ausser Tiefbauvorsteher Richard Wolff (AL) wollen alle amtierenden Zürcher Stadträtinnen und Stadträte ihre Sitze gegen neue Kandidatinnen und Kandidaten verteidigen. Wie fest sitzen die Bisherigen im Sattel, was haben sie erreicht und wofür werden sie kritisiert? Die Übersicht:
Corine Mauch (SP): Stadtpräsidentin
Die 61-Jährige präsidiert die Stadt Zürich seit 2009. Zuvor war sie zehn Jahre lang Gemeinderätin. Corine Mauch geniesst grossen Rückhalt in der Bevölkerung. Bei den Wahlen vor vier Jahren erreichte sie das beste Ergebnis, selbst politische Gegner attestieren ihr gute Arbeit.
Kritik erntete Mauch jedoch wegen der umstrittenen Bührle-Sammlung im Erweiterungsbau des Zürcher Kunsthauses. Sie habe eine weitere, unabhängige Erforschung zur Herkunft der Bilder zu lange als unnötig abgetan, so der Vorwurf. Bei der Sammlung ist strittig, ob einzelne Bilder als erzwungene Verkäufe von Jüdinnen und Juden gelten.
Daniel Leupi (Grüne): Finanzvorsteher
Der gebürtige Zuger wurde 2010 in den Zürcher Stadtrat gewählt. Nach drei Jahren im Sicherheitsdepartement wurde der heute 56-Jährige von seinen Kolleginnen und Kollegen ins Finanzdepartement versetzt. Mehrere Jahre präsentierte Leupi einen Millionenüberschuss.
Doch für das laufende Jahr budgetiert die Stadt einen Verlust von 192 Millionen Franken. Die bürgerlichen Parteien kritisieren, die Ausgaben liefen aus dem Ruder. Der Stadtrat verbrenne in den nächsten Jahren das ganze ersparte Eigenkapital.
Michael Baumer (FDP): Vorsteher Industrielle Betriebe
Der 47-Jährige hat die Zürcher Verkehrsbetriebe unter sich und ist zuständig für die Strom-, Gas- und Wasserversorgung in der Stadt. Zu seinen grossen Projekten gehört der Ausbau der Wärmeverbunde. So soll ein grosser Teil der städtischen Haushalte ans Fernwärmenetz angeschlossen werden.
Baumer wurde vor vier Jahren auf dem letzten Platz in den Stadtrat gewählt. Kritik am Stadtrat gibt es kaum. Trotzdem steht seine Wiederwahl auf wackligen Beinen. Denn auf den frei werdenden Sitz von Richard Wolff (AL) bewerben sich alle Parteien ausser die GLP.
André Odermatt (SP): Hochbauvorsteher
Seit 2010 sitzt der studierte Geograf im Zürcher Stadtrat. Zuvor politisierte er während fünfzehn Jahren im Stadtparlament. Als Hochbauvorsteher hat der 61-Jährige den Siedlungsrichtplan wesentlich mitgeprägt. Dieser gibt vor, wo in der Stadt Zürich bis 2040 verdichteter gebaut werden soll.
Odermatts Strategie der Stadtentwicklung kennt aber auch Gegner. Gegen die «Stadt der kurzen Wege», welche die Schaffung von 50 Quartierzentren vorsieht, hagelte es Kritik. Bürgerliche befürchteten eine Schwächung des Stadtzentrums.
Karin Rykart (Grüne): Sicherheitsvorsteherin
Die gebürtige Aargauerin schaffte den Sprung in den Stadtrat vor vier Jahren. Damit holte sie sich den zweiten Sitz für die Grünen zurück. Rykart hat in ihrer Amtszeit die Federführung für die Tempo-30-Pläne in der Stadt Zürich übernommen. In Zukunft soll die Temporeduktion auf 150 zusätzlichen Strassenkilometern gelten.
Links-Grün jubelte über die Pläne, bürgerliche Parteien waren empört. Gegenwind kennt die 50-Jährige auch als Polizeivorsteherin. So kritisierten SVP und FDP etwa zu Beginn der Pandemie, dass die Polizei bei Demonstrationen trotz Verbot nicht eingeschritten ist.
Filippo Leutenegger (FDP): Schulvorsteher
Leutenegger machte sich als Journalist und Nationalrat einen Namen, bevor er 2014 auf Anhieb zum Stadtrat gewählt wurde. Bei einer Rochade wurde er später vom Tiefbauamt ins Schul- und Sportdepartement versetzt. Ein Anliegen von Leutenegger ist es, flächendeckend Tagesschulen einzuführen.
Als Schulvorsteher stand Leutenegger kaum im Scheinwerferlicht. Für Schlagzeilen sorgte im Juni 2021 aber seine Haltung zum C0₂-Gesetz. Entgegen der Empfehlung seiner Partei und als einziger Stadtrat warb Leutenegger in Inseraten für ein Nein.
Raphael Golta (SP): Sozialvorsteher
Im Stadtrat hat Raphael Golta seit seiner Wahl vor acht Jahren das Sozialdepartement unter sich. Der gebürtige Stadtzürcher und ursprüngliche Software-Entwickler gilt als nüchterner Sachpolitiker. An der Urne konnte der 46-Jährige die Bevölkerung beispielsweise für ein Bundesasylzentrum auf dem Duttweiler-Areal gewinnen.
Für Schlagzeilen gesorgt hat Golta im letzten Jahr mit Bargeld für Sans-Papiers. Mit der sogenannten Basishilfe wollte der Sozialvorsteher Menschen in Not unterstützen. Doch der Bezirksrat hat das Projekt im Dezember vorläufig gestoppt. Er stellte sich auf die Seite der FDP, welche monierte, das Projekt verletze übergeordnetes Recht.
Andreas Hauri (Grünliberale): Gesundheitsvorsteher
Der Klotener ist der erste Grünliberale im Zürcher Stadtrat. Bei den letzten Wahlen gelang ihm der Sprung in die Stadtregierung auf dem achten Platz. Zu seinen grössten Projekten zählt die neue Altersstrategie, die unter anderem auf Wohnungen für Seniorinnen statt Heime setzt.
Bezüglich Seniorenwohnungen erntete Hauri aber auch schon einen Sturm der Entrüstung: Er wollte die Warteliste bei städtischen Alterswohnungen durch ein Lossystem ersetzen. Senioren deckten den 55-Jährigen daraufhin mit E-Mails, Telefonaten und Briefen ein, worauf er zurück krebste.