- 54 Prozent der Stimmberechtigten befürworten gemäss SRG-Umfrage die Trinkwasser-Initiative, 40 Prozent sind dagegen.
- Neben einem Graben zwischen links und rechts zeichnet sich ein grosser Unterschied in der Stimmpräferenz von Jung und Alt ab.
- Die Meinungsbildung wird zudem stark durch die persönliche Einstellung zur Landwirtschaft geprägt.
Sauberes Trinkwasser: Dagegen hat wohl niemand etwas einzuwenden. Doch die Initiative «Für sauberes Trinkwasser und gesunde Nahrung» fordert nicht weniger als ein Umdenken in der Landwirtschaft. Sie verlangt, dass nur noch jene Bäuerinnen und Bauern Subventionen erhalten, die auf den Einsatz von Pestiziden, vorbeugend oder systematisch verabreichte Antibiotika und zugekauftes Futter verzichten.
Entsprechend gross ist der Widerstand der Bauernlobby. Während sich auf dem Land sieben Wochen vor der Abstimmung nur 41 Prozent für die Initiative aussprechen, sind es in der Stadt 65 Prozent. Zu diesem Ergebnis kommt die erste Umfrage des Forschungsinstituts gfs.bern im Auftrag der SRG SSR.
Die Polarisierung zwischen Stadt und Land sei bemerkenswert hoch, betont Lukas Golder von gfs.bern. «Wir sehen, dass auf dem Land und in konservativen Kreisen viel Kritik vorherrscht. Auf der anderen Seite ist es typisch, dass Umweltthemen in Grossstädten grosse Unterstützung geniessen – selbst wenn aus traditionell bäuerlichen Kreisen Widerstand kommt.»
Zuspruch von Älteren und Linken
Die Meinungsbildung hängt in der Debatte vom eigenen Bild der heutigen Landwirtschaft ab. Ist man wegen des Zustands der Landwirtschaft um die Umwelt besorgt, befürwortet man die Initiative. Dies zeigt sich auch bei den Parteien. Die Stammwähler der Grünen, der SP und der GLP sympathisieren stark mit der Initiative, während das bürgerliche Lager mehrheitlich dagegen ist.
Zudem fällt auf, dass der Mittelstand der Vorlage eher kritisch gegenübersteht. Akademikerinnen und Akademiker sind dafür besonders offen für die Anliegen.
Untypisch ist laut Bericht von gfs.bern die Diskrepanz zwischen den Altersgruppen. Am stärksten für die Initiative sind die befragten Rentnerinnen und Rentner – von ihnen hätten Mitte April 65 Prozent ein Ja in die Urne gelegt. «Dabei spielt die Bewahrung der Natur durch den Verzicht auf Pestizide eine Rolle. Diese Idee ist bei älteren Menschen breit akzeptiert», führt Golder aus.
Wie bei der zweiten Agrarinitiative, über die am 13. Juni abgestimmt wird, ist die Zustimmung zur Trinkwasser-Initiative im Tessin mit 70 Prozent besonders hoch. In der Romandie (56 Prozent) und in der Deutschschweiz (53 Prozent) sind die Befragten kritischer.
Im Vergleich zur Initiative Pestizidverbot erfährt die Trinkwasser-Initiative derzeit weniger Zustimmung. Dieser Rückstand ist laut Golder auf Personen zurückzuführen, die für die Initiative Pestizidverbot stimmen und noch unentschieden bei der Trinkwasser-Initiative sind.
Widerstand der Bauernlobby und eine stark formierte Gegnerschaft auf dem Land und aus dem rechten politischen Lager: Hat die Trinkwasser-Initiative überhaupt eine Chance auf eine Annahme? Ohne Meinungswandel sei eine knappe Annahme denkbar, sagt Lukas Golder.
«Die Grundidee, dass die Landwirtschaft ökologischer werden muss, ist in der Bevölkerung breit abgestützt. In der Regel verlieren Initiativen im Verlauf des Abstimmungskampfes aber an Zustimmung. Das Ständemehr zu erreichen, dürfte aufgrund der Ablehnung in ländlichen Gebieten schwierig werden», sagt Golder.