SVP-Landrat Peter Riebli erlangte 2017 Bekanntheit über die Kantonsgrenzen hinaus. In einer Motion forderte Riebli, dass der Grundbedarf von Sozialhilfebezügerinnen und -bezügern um 30 Prozent gekürzt werden soll.
Mit dem Langzeitabzug setzen wir ein Zeichen, dass es sich lohnen muss zu arbeiten.
Die sogenannte «Motion-Riebli» wurde vom damals bürgerlich dominierten Landrat an die Regierung überwiesen. Der Aufschrei bei Linken, aber auch Sozialhilfeorganisationen war gross.
Regierung schwächt Vorlage klar ab
Von Rieblis Vorstoss ist heute nicht mehr viel übrig geblieben. Der zuständige Regierungsrat Anton Lauber (Mitte) legte mit der aktuellen Sozialhilfereform in einem zweiten Anlauf einen Kompromiss auf den Tisch, mit dem niemand so richtig zufrieden ist. Der Abzug beträgt in der aktuellen Fassung noch 40 Franken. Mit dem Abzug rechnen müssen Bezügerinnen und Bezüger, die zwei Jahre von Sozialhilfe leben.
Die Vorlage der Regierung beinhaltet auch Ausnahmen: So sollen über 55-Jährige, die über 20 Jahre lang berufstätig waren, sowie Minderjährige, vor einem Abzug geschützt werden. Zudem wird eine neue Stelle geschaffen, ein sogenanntes Assessment-Center, das Menschen vor einem Abgleiten in die Sozialhilfe bewahren soll.
Linke spricht von «Unsozialhilfegesetz»
Trotz dieser abgeschwächten Version bleibt der Widerstand gegen die Sozialhilfereform bei Linken und Sozialhilfe-Organisationen bestehen. Sie sprechen von einem «Unsozialhilfegesetz» und einem «Experiment auf dem Rücken der Ärmsten».
Neben SP und Grünen bekämpfen Organisationen wie die Caritas, die Heilsarmee oder Avenir Social die Sozialhilfereform im Baselbiet. «Das revidierte Sozialhilfegesetz macht vieles komplizierter und bekämpft nicht die Armut, sondern die Armen», sagt Domenico Sposato, Geschäftsführer von Caritas beider Basel.
Das revidierte Sozialhilfegesetz macht vieles komplizierter und bekämpft nicht die Armut, sondern die Armen.»
Betroffen wären insbesondere auch Familien mit Kindern. Zwar seien diese direkt vom Abzug ausgenommen. Aber ihre Eltern treffe ein solcher Abzug von 40 Franken. Und dazu würde das neue Sozialhilfegesetz mehr Bürokratie für die Gemeinden bringen.
Kompromiss? Alle sind mit der Vorlage unzufrieden
Wenig begeistert ist man indes auch auf der Seite der Bürgerlichen: Denn von den ursprünglichen Forderungen ist wenig geblieben. Dennoch bringe die Reform gewisse Verbesserungen, sagte Peter Riebli im Landrat bei der Debatte über die aktuelle Vorlage. «Mit dem Langzeitabzug setzen wir ein Zeichen, dass es sich lohnen muss zu arbeiten», sagte Riebli und verwies auf eine Studie, die Anton Lauber und das Baselbieter Sozialamt 2021 vorstellte. Diese zeigt auf, dass 8700 Haushalte, in denen ein Teil einer Arbeit nachgeht, unter dem Strich finanziell schlechter gestellt sind als 4400 Haushalte, die von Sozialhilfe leben.
Man werde aber nicht an vorderster Front für die Reform kämpfen, hält Riebli fest. Sie sei zwar ein Schritt in die richtige Richtung. Die SVP behält sich aber vor, schärfere Bedingungen per Initiative zu erzwingen. Ob die SVP eine solche Volksinitiative im Baselbiet lanciert, ist jedoch noch offen. Dies wolle man nach der Abstimmung vom 15. Mai entscheiden, liess Riebli im Vorfeld der Abstimmung verlauten. Gut möglich, dass das Thema Sozialhilfe die Gemüter im Baselbiet auch nach dem Abstimmungssonntag weiter erhitzt.