- Der Bundesrat spricht sich gegen die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» aus.
- Die Gesichtsverhüllung sei in der Schweiz ein Randphänomen. Ein Verbot beschneide die Rechte der Kantone, schade dem Tourismus und helfe den Frauen nicht, argumentiert Justizministerin Karin Keller-Sutter vor den Bundeshausmedien.
- Die Landesregierung unterstützt aber einen indirekten Gegenvorschlag. Dieser sieht vor, dass Personen zur Identifikation gegenüber Behörden ihr Gesicht zeigen müssen.
Die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» verlangt, dass schweizweit niemand sein Gesicht verhüllen darf. Das Verbot würde an allen Orten gelten, die öffentlich zugänglich sind – so zum Beispiel auf den Strassen, in Restaurants oder im Museum.
Keine Verbesserung für Frauen
Dem Bundesrat geht solch ein Verhüllungsverbot zu weit. Die Initiative sei unnötig, sagte Justizministerin Karin Keller-Sutter heute Dienstag vor den Bundeshausmedien. Es gebe in der Schweiz nur wenige Frauen, die ihr Gesicht ganz verhüllen würden. Eine Studie der Universität Luzern komme zum Schluss, dass in der Schweiz 20 bis 30 Frauen einen Niqab tragen würden. «Eine Burka sehen wir eigentlich nie. Es gibt also keinen Grund, die Bundesverfassung zu ändern.»
Anders als die Initianten geht der Bundesrat auch nicht davon aus, dass sich die Sicherheit mit einem Verhüllungsverbot erhöhen würde. Gegen den Terrorismus brauche es andere Massnahmen. Auch das viel zitierte Argument, ein Verhüllungsverbot würde die Stellung der Frauen stärken, lehnt der Bundesrat ab. Ein Kleiderverbot sei der falsche Weg.
Zudem liege die Frage, welche Gesichtsverhüllungen in welchen Situationen erlaubt oder verboten sind, in der Kompetenz der Kantone. Dies sei auch richtig so, weil die Kantone die Bedürfnisse der Bevölkerung am besten kennen würden. Auch die Bedürfnisse der Tourismusregionen könnten so am besten berücksichtigt werden.
Die Initiative sieht zwar Ausnahmen für einen Schal gegen Kälte oder den Motorradhelm vor, nicht aber für Touristinnen. «Gerade Kantonen, die viele Touristinnen aus arabischen Staaten haben, könnte dies finanziell schaden», meinte die Justizministerin.
Mit Gegenvorschlag Gesetzeslücke schliessen
Der Bundesrat räumt aber ein, dass die Gesichtsverhüllung in Einzelfällen zu Problemen führen kann. Er unterstützt deshalb einen indirekten Gegenvorschlag, der in Kraft tritt, falls die Volksinitiative abgelehnt wird. Der Gegenvorschlag verlangt, dass Personen gegenüber den Behörden ihr Gesicht zeigen müssen, wenn es für die Identifizierung notwendig ist – beispielsweise bei Ämtern oder im öffentlichen Verkehr. Wer sich weigert, soll mit einer Busse bestraft werden. Laut Bundesrat wird mit dem Gegenvorschlag eine Lücke im Bundesrecht geschlossen und die Sicherheit gezielt verbessert.
Die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» wurde im September 2017 vom sogenannten Egerkinger Komitee eingereicht. Das Komitee hatte bereits die Anti-Minarett-Initiative lanciert und durchgebracht.
Volk und Stände stimmen am 7. März über die «Burka-Initiative» ab.