Das Parlament empfiehlt, die sogenannte «Burka-Initiative» an der Urne abzulehnen. Neben der SVP hat sich allerdings auch die Mitte-Fraktion im Nationalrat für ein Verhüllungsverbot eingesetzt. Eine der Wortführerinnen war die Aargauer CVP-Nationalrätin Marianne Binder. Für sie geht es nicht um Religion, sondern um Gleichberechtigung.
SRF News: Man geht davon aus, dass vielleicht ein paar Dutzend Frauen in der Schweiz regelmässig einen Nikab tragen. Man könnte Ihnen vorwerfen, Sie kümmerten sich hier um ein Randproblem.
Marianne Binder: Ich weiss nicht, wie viele Burkas es gibt. Aber die Menge für sich macht das Problem nicht aus. Man kann ja nicht sagen, weil etwas wenig vorkommt, sei es deswegen kein Problem. Kinderehen kommen auch nicht sehr viel vor. Trotzdem sind sie ein Problem für die Betroffenen.
Ein Nikab oder eine Burka sind wie kein anderes Kleidungsstück Ausdruck von Unterdrückung.
Aber es ist auch ein Recht, das Kleid zu tragen, das man gerne möchte. Die bekanntesten Nikab-Trägerinnen in der Schweiz waren ja Schweizerinnen, die zum Islam konvertiert sind und das Kleidungsstück freiwillig trugen.
Ich finde, eine erwachsene Frau kann ein Kopftuch tragen, wenn sie es möchte. Aber ein Nikab oder eine Burka sind wie kein anderes Kleidungsstück Ausdruck von Unterdrückung. Mir geht es in der ganzen Geschichte nur um das frauenrechtliche Problem, das Gleichstellungsproblem, das Grundrechtsproblem, das hier vorhanden ist.
Dieses Kleidungsstück ist die Spitze des Eisbergs, das muss man ganz klar sehen.
Alles andere interessiert mich nicht. Mich interessiert auch die Religion nicht in diesem Zusammenhang. Das ist eine Falle, in die man immer tappt. Man sagt, dann müsse man auch andere religiöse Symbole verbieten, beispielsweise das Kreuzchen oder ein Fatimahändchen, eine Kippa.
Wie ist denn Frauen geholfen, die diskriminiert werden, wenn man diese Initiative annimmt?
Mit dieser Initiative allein ist diesen Frauen noch nicht geholfen oder nicht umfassend geholfen. Ganz sicher nicht. Dieses Kleidungsstück ist die Spitze des Eisbergs, das muss man ganz klar sehen. Aber ich bin da manchmal nicht ganz einig mit der Frauenbewegung, die jeden Fussgängerstreifen semantisch und auf sein Gender-Potenzial hin untersucht. Wenn es um Frauen in diesen Parallelgesellschaften geht, um Migrantinnen, wird laut geschwiegen, weil man nicht recht weiss, wie man damit umgehen soll.
Es gibt ja einen indirekten Gegenvorschlag, mit dem die Integration zum Beispiel von Immigrantinnen und auch die Gleichstellung gefördert werden soll. Ist das nicht zielführender?
Ich werde diesem Gegenvorschlag selbstverständlich zustimmen. Ich werde aber auch diesem Verhüllungsverbot zustimmen. Das kann ja nicht schaden, wenn das auch vorhanden ist.
Das Gespräch führte Gion-Duri Vincenz.