- Eine knappe Mehrheit von 52 Prozent befürwortet gemäss SRG-Umfrage die Einführung einer elektronischen Identität.
- Die Gegner der Vorlage kommen aktuell auf 37 Prozent: Sie sehen es kritisch, dass der digitale Pass von Privaten herausgegeben werden soll.
- Die Umfrage zeigt zudem: Am 7. März wird auch über das Vertrauen in die Behörden abgestimmt – mitten in der Coronakrise.
«Passwort vergessen?»: «Ja...» murmelt so manch zerknirschter Zeitgenosse, wenn er wieder einmal an der Kasse eines Online-Shops steht. Und ihm die 8-stellige Zahlenkombination mit Sonderzeichen und zwei Grossbuchstaben partout nicht einfallen will.
Nun verspricht der Bund Abhilfe: Mit einer elektronischen Identität, kurz E-ID, soll alles besser, einfacher und sicherer werden. Der digitale Pass soll dereinst die vielen Log-Ins überflüssig machen – und etwa auch die Eröffnung eines Bankkontos über das Internet ermöglichen.
E-ID-Gesetz steht auf wackligen Füssen
Am 7. März wird an der Urne entschieden. Derzeit sprechen sich 52 Prozent der Stimmberechtigten für die E-ID aus, «nur» 37 Prozent sind dagegen. Politik am Puls des kleinen Mannes also? Nur bedingt: «Es ist offen, ob diese wacklige Mehrheit bis zum Schluss hält», sagt Lukas Golder vom Forschungsinstitut gfs.bern, das die Umfrage im Auftrag der SRG SSR durchgeführt hat.
An der E-ID in ihrer geplanten Form rüttelt eine breite Allianz von Organisationen und Parteienvertreten aus SP, Grünen, FDP und GLP. Sie wehrt sich mit ihrem Referendum dagegen, dass erstmals ein amtlicher Ausweis kommerzialisiert und durch private Anbieter herausgegeben werden soll.
Grundsätzlich sei eine gemeinsame Lösung mit Privaten bei der Mehrheit der Befragten nicht der «absolute Stein des Anstosses», so Golder. Aber: «Die Gegnerschaft kann klar argumentieren, dass eine E-ID eigentlich Sache des Staates sei.»
Die Abstimmung wird damit zur Vertrauensfrage für den Bund: Kann er die Bürgerinnen und Bürger überzeugen, dass ihre persönlichen Daten nicht von Konzernen missbraucht werden? Die links-grüne Stammwählerschaft hat am ehesten Bedenken. Hier halten sich Gegner und Befürworter derzeit die Waage.
Misstrauen wegen Corona-Politik?
«Relevant könnte die Beurteilung entlang des Regierungsvertrauens werden, das im Corona-Kontext unter Druck geriet», halten die Forscher von gfs.bern fest. Bei den letzten Abstimmungen war die Stimmbevölkerung allerdings nicht massgeblich vom Corona-Koller getrieben. Sachpolitische Erwägungen gingen laut den Politologen vor.
Bemerkenswert sind die Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Bei den Männern sind derzeit 57 Prozent für die Vorlage (35 Prozent dagegen). Bei den Frauen beträgt der Ja-Anteil 48 Prozent dafür (39 Prozent dagegen). Golders Erklärung: «Frauen sind nicht nur bei Umweltfragen, sondern auch bei Risikotechnologien zurückhaltender.»
Zum Geschlechter- kommt ein Generationengraben. Hineinspielen dürfte hier, dass sich ältere Menschen stärker in klassischen Medien und über das Abstimmungsbüchlein informieren. Am lautesten formuliert die Gegnerschaft ihre Kritik nämlich online – und erreicht hier auch die Jüngeren.
Nichtsdestotrotz: Der digitale Pass ist auf Kurs. Der Normalfall bei einem frühen Ja für eine Vorlage, hinter der Bundesrat und Parlament stehen, ist ein Start-Ziel-Sieg. «Wenn das Nein-Lager die Prinzipienfrage über die Rolle des Staates bei der E-ID in den Vordergrund rücken kann, hat es aber noch Chancen», schliesst Golder.