Mit Argusaugen wird die Waadtländer SP-Regierungspräsidentin Nuria Gorrite am Donnerstag die Medienkonferenz von Justizministerin Karin Keller-Sutter verfolgen. Die Waadtländer Regierungspräsidentin bekämpft das E-ID-Gesetz aktiv. Im Visier hat sie den Präsidenten der Konferenz der Kantonsregierungen KdK, den Bündner FDP-Finanzdirektor Christian Rathgeb.
Einmischung in Abstimmungskampf?
Schon im Dezember habe sie ihm mit Blick auf diesen Auftritt in Bundesbern einen Brief geschrieben, sagt Gorrite zu Radio SRF – im Namen der ganzen Waadtländer Regierung. Der KdK-Präsident solle vor den Medien klarstellen, dass die Konferenz keine einstimmige Parole zur E-ID gefasst habe, denn nur 18 von 26 Kantonen hätten Ja gesagt.
Im Nein-Lager ist neben der Waadt auch Schwyz. Dort erklärt SVP-Sicherheitsdirektor Herbert Huwiler, sein Kanton befürworte zwar das E-ID-Gesetz – aber: «Der Kanton Schwyz ist ganz grundsätzlich skeptisch und der Meinung, dass sich die Kantone nicht aktiv in Abstimmungskämpfe einmischen sollten.»
Kantone sollten sich nicht aktiv in Abstimmungskämpfe einmischen.
KdK-Präsident: «Kantone sind betroffen»
Wie stark dürfen sich Kantone in nationale Abstimmungskämpfe einmischen? Das Bundesgericht sagt vereinfacht dargestellt: Immer dann, wenn sie namhaft betroffen sind, wie es das Bundesgericht festgelegt hat.
Und die Kantone seien hier betroffen, weil für ihre digitalen Dienstleistungen eine elektronische Identifizierung wichtig sei, stellt KdK-Präsident Rathgeb fest: «Wir brauchen eine rechtliche Grundlage dafür. Wenn wir diese einheitlich in der Schweiz nicht schaffen können, müssen wir sie in jedem Kanton schaffen. Wir fühlen uns also von dieser Vorlage in mehrfacher Hinsicht tangiert.»
Wir fühlen uns von dieser Vorlage in mehrfacher Hinsicht tangiert.
Das war nicht immer so klar: Aus einem Sitzungsprotokoll der KdK vom Dezember 2019, das Radio SRF vorliegt, wird deutlich: Die Kantone diskutierten sehr wohl, wie stark betroffen sie von der Vorlage seien. Mittlerweile sei diese Frage aber geklärt, so der KdK-Präsident.
Rechtsexperte: «Grenzfall»
Nicht ganz so sicher ist sich da Assistenz-Professor Lorenz Langer, Staatsrechtler an der Uni Zürich und am Zentrum für Demokratie Aarau: «Es liegt hier ein Grenzfall vor. Man könnte die Betroffenheit der Kantone bejahen. Dann kann grundsätzlich die KdK im Namen der Kantone Stellung beziehen. Sie muss dies aber auf sachliche, verhältnismässige und transparente Weise tun.»
Selbstverständlich informiere er transparent darüber, dass die Kantone nicht einstimmig hinter der E-ID-Vorlage stünden, erwidert KdK-Präsident Rathgeb: «Auch wenn die KdK einen Positionsbezug gefasst hat, können die einzelnen Kantonsregierungen durchaus ihre eigene, vielleicht eben abweichende Position in der Öffentlichkeit kommunizieren.»
So wie das die Waadtländer Regierungspräsidentin Nuria Gorrite für ihren Kanton tut. Damit aber stellt sich auch bei ihr die Frage, wie stark sie im Abstimmungskampf mitmischen darf. Ihre Antwort: Klar dürfe sie das. Denn ihr Kanton sei direkt betroffen von der Vorlage. Schliesslich habe er bereits ein eigenes E-ID-Gesetz: «Kommt die nationale Vorlage durch, muss die Waadt ihr Gesetz ändern.»
Wie vehement dürfen sich die Kantone also an den E-ID-Kampagnen beteiligen? Endgültig klären könnte die Frage erst ein Gericht.