- Der ehemalige Umweltchef des Kantons Wallis kritisiert die Regierung scharf: Sie nehme die Beseitigung der Altlasten der Chemieindustrie im Kanton nicht ernst genug.
- Dies steht in einem Dossier, das er bei seiner Kündigung im Juni dem kantonalen Finanzinspektorar übergeben hatte.
- Bis am Freitag wurde dieses Dossier von der Regierung unter Verschluss gehalten.
- Erst auf Druck von SRF, verschiedenen Westschweizer Medien und des kantonalen Datenschutzbeauftragten hin wurden die Dokumente offengelegt.
Im Juni resignierte der Chef der Walliser Dienststelle für Umweltschutz Joël Rossier und reichte seine Kündigung ein. Gleichzeitig übergab er dem kantonalen Finanzinspektorat ein mehrere hundert Seiten dickes Dossier. Er manifestiert darin zwei Hauptvorwürfe.
Vorwurf 1: Millionenkosten für die Steuerzahler
Rossier kritisiert in seinem Bericht, dass Kosten in Millionenhöhe von Sanierungen, die aufgrund von Altlasten der Chemieindustrie anfallen, auf die Steuerzahler abgewälzt würden.
Konkret geht es um die Quecksilbersanierungen, die beim Bau der Autobahn A9 im Oberwallis anfallen. Bislang wurden gemäss Angaben des Bundesamtes für Strassen gut 30 Millionen Franken abgerechnet. An diesen Kosten beteiligt sich die Lonza AG mit 10 Prozent, der Rest wird zwischen Bund und Kanton aufgeteilt.
Staatsrat Jacques Melly entgegenet am Freitag vor den Medien, das sei eine pragmatische Lösung, welche Kanton, Bund und Lonza mit diesem Verteilschlüssel erarbeitet hätten. Alle Parteien hätten sich dafür entschieden, lieber eine schnelle Lösung am runden Tisch zu finden, als sich in langjährige Rechtsstreitigkeiten über Verantwortlichkeiten und Haftung zu verstricken. Von dieser Lösung profitiere nicht zuletzt der Kanton Wallis.
Vorwurf 2: Gefährliche Stoffe im Wasser
Sorgen bereiten dem ehemaligen Umweltchef Rossier auch die zahlreichen Deponien, etwa jene der Lonza in Gamsenried bei Brig. In Gamsenried lagern 1.5 Millionen Kubikmeter chemische Produktionsrückstände der Lonza. Im April informierte der Konzern, dass im Grundwasser unter der Deponie erhöhte Benzidinwerte festgestellt wurden. Dabei handelt es sich um eine toxische Verbindung, die als krebserregend gilt.
Rossier erwähnt in seinen Akten, dass die gemessenen Benzidin-Werte zum Teil 240-fach über den erlaubten Grenzwerten lägen und er nicht ausschliessen könne, dass beispielsweise Wasser, das zur Bewässerung der landwirtschaftlichen Kulturen in der Rhoneebene benutzt wird, kontaminiert werde.
Die Lonza habe das Problem im Griff, sagt dazu der Leiter Umweltprojekte der Lonza Rémi Luttenbacher. Der Pharmakonzern pumpt das kontaminierte Wasser ab und reinigt es. «Das Szenario, wie es Herr Rossier skizziert, entspricht nicht der Realität. Wir nehmen das Problem sehr ernst. Wichtig ist jedoch, dass das Trinkwasser nicht betroffen ist. Wir haben darin keine Schadstoffe gefunden», so Luttenbacher weiter.
Tut der Kanton Wallis genug?
Staatsrat Melly betont: Dem Umweltschutz und der Sanierung der im Wallis zahlreich vorhandenen belasteten Standorte werde sehr wohl genügend Beachtung geschenkt. Man mache, was immer möglich sei. Und dies mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen. Man müsse dabei halt Prioritäten setzen. Er versicherte, dass für die Bevölkerung kein Gesundheitsrisiko bestehe.
(SRF 1, Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 17:30 Uhr / Schweiz aktuell, 19 Uhr; brur;kocm)