Seit dem 1. Juli ist in Basel-Stadt das Bettel-Verbot aufgehoben. Bürgerliche Politiker sagen, dass erste Folgen dieser Lockerung schon jetzt spürbar seien. Und zwar in Form von mehr Bettlern aus dem Ausland, die sich in der Stadt aufhalten. Sie fordern, dass die Polizei durchgreift. Gegenüber SRF nimmt der Basler Sicherheitsdirektor Baschi Dürr nun Stellung.
SRF News: Wenn man die Medien in der Region konsumiert, erhält man den Eindruck, dass neben Corona vor allem ein Thema die Menschen in der Stadt Basel in diesem Sommer beschäftigt: die Bettler. Stimmt es tatsächlich, dass es deutlich mehr Bettler in der Stadt gibt als in anderen Jahren?
Baschi Dürr: Das liest man nicht nur in der Zeitung, das sehe ich selber jeden Tag. Viele Baslerinnen und Basler melden sich bei uns. Wir haben viele Reklamationen. Auch die Polizei stellt fest, dass die Zahl der Bettler zugenommen hat. Insofern kann ich bestätigen: Ja, das ist ein Thema – und ich habe viel Verständnis, dass sich die Leute darüber aufregen.
Was regt denn die Leute auf?
Einfach die Tatsache, dass es derzeit so viele Bettler in der Stadt gibt. Meiner Meinung nach gibt es dafür drei Gründe. Erstens: Im Sommer gibt es immer mehr Bettler in der Stadt als im Winter. Zweitens sind seit dem Ende des Lockdowns die Grenzen wieder offen. Und der dritte und mutmasslich wichtigste Grund: Am 1. Juli ist ein neues Gesetz in Kraft getreten, mit dem Betteln nur noch in Banden verboten ist. Die Folgen dieser Gesetzesänderung spüren wir nun.
Funktioniert das wirklich so, dass potenzielle Bettler im Ausland erfahren, dass in einem Schweizer Kanton das Betteln nun erlaubt ist – und dann dorthin reisen?
Dazu kann ich nur sagen, dass wir schon in der Debatte im Kantonsparlament vor einer Sogwirkung gewarnt haben, wenn wir das Bettelverbot relativieren. Genau diese Situation haben wir nun in Basel.
Es ist sehr schwierig, bandenmässiges Betteln rechtsgültig nachzuweisen.
Mit anderen Worten: Die Aufhebung des Bettelverbots spricht sich international herum?
Ganz offensichtlich ist das so.
Wissen Sie, woher die Bettler kommen?
Verschiedentlich konnte die Polizei die Bettler schon ansprechen. Vor allem jene Gruppierungen, die derzeit in Grünanlagen campieren. Man weiss, dass es sich dabei um Rumänen handelt.
Das bandenmässige Betteln ist in Basel weiterhin verboten. Sie sprechen die Gruppierungen an, die derzeit in Parks campieren. Gelten Bettler, die sich in solchen Gruppierungen aufhalten, bereits als Banden?
Es ist sehr schwierig, bandenmässiges Betteln rechtsgültig nachzuweisen. Einfach in Gruppen zu betteln, ist noch kein bandenmässiges Betteln. Es braucht dafür eine gewisse Organisation, eine Arbeitsteilung. Darum ist es komplex für die Polizei, das nachzuweisen. Trotzdem aber versucht das die Polizei – und es gab schon eine Handvoll an Verzeigungen an die Staatsanwaltschaft. Es ist nun an den Strafverfolgungsbehörden zu schauen, was damit zu machen ist.
Herr Dürr, was finden denn Sie persönlich: Sind die Bettler in der Stadt Basel ein Problem?
Wenn man sieht, wo wir derzeit weltweit stehen mit Corona, dann gibt es zweifellos noch grössere Probleme. Auf der anderen Seite kann ich gut verstehen, wenn sich die Leute darüber aufregen. Vor allem, weil es ein Problem mit Ansage ist. Wir haben in Basel-Stadt mit der Aufhebung des Bettelverbots ein Problem geschaffen ohne Not. Mir persönlich wäre es lieber, wir hätten das Problem nicht.
Das Parlament wollte das Gesetz so, wie es ist. Es könnte jederzeit auf seinen Entscheid wieder zurückkommen.
Fordern Sie denn jetzt, das Bettelverbot wieder einzuführen?
Es ist nicht am Regierungsrat, jetzt einen Vorschlag zu machen. Das Parlament wollte das Gesetz so, wie es ist. Und das Parlament könnte jederzeit auf seinen Entscheid wieder zurückkommen.
Das Gespräch führte Patrick Künzle.