Das Bündner Bergdorf Brienz rutscht seit über 100 Jahren talwärts. Seit einigen Jahren hat die Rutschgeschwindigkeit zugenommen; mittlerweile rutscht das Dorf einen Meter pro Jahr. Nun hat sich der Kanton Graubünden eingeschaltet und Hilfe in Aussicht gestellt.
Über die neusten Entwicklungen im Terrassendorf im Albulatal wurde die Bevölkerung am Donnerstagabend von den Behörden aus der Gemeinde und seitens des Kantons informiert. Die Kantonsregierung habe die Situation in Brienz zur «Besonderen Lage» erklärt, teilte die Gemeinde Albula mit. Die Regierung habe auf ein Hilfegesuch reagiert und umfangreiche personelle und finanzielle Mittel freigegeben.
«Die Gemeinde kann eine solche Situation alleine nicht bewältigen», sagt der Bündner Regierungsrat Peter Peyer. Für eine Evakuierung der Siedlungen seien umfassende Planungen und Übungen durchgeführt worden. Sollten Gebäude der Rutschung zum Opfer fallen, sollen Totalschäden künftig durch die Gebäudeversicherung gedeckt werden. Eine entsprechende Gesetzesänderung komme noch im Dezember vor den Grossen Rat.
Gefährdung leicht gestiegen
Die Brienzer Bevölkerung wurde auch über neu gewonnene Erkenntnisse informiert. So zeige der seit Sommer eingesetzte Georadar eine Zone, die sich schneller bewegt, als bisher bekannt war. Der Bereich liege oberhalb von Brienz und habe ein Volumen von 500’000 Kubikmeter. Spezialisten hätten zudem ein zweites, schnell rutschendes Volumen von bis zu 170’000 Kubikmeter oberhalb der Siedlung Vazerol entdeckt.
Wir haben ein sehr gutes Überwachungssystem und es besteht eine genügend grosse Vorlaufzeit für eine allfällige Evakuierung.
Beide Volumen seien stark zerklüftet. Es wird laut Behördenangaben erwartet, dass sie stückweise abbrechen, die darunter liegenden Dörfer aber nicht erreichen. Die Gefährdung von Brienz und Vazerol sei dennoch leicht gestiegen. Dass die Leute weiterhin im Dorf bleiben, sei zu verantworten, sagt der Brienzer Gemeindepräsident Daniel Albertin: «Wir haben ein sehr gutes Überwachungssystem und es besteht eine genügend grosse Vorlaufzeit für eine allfällige Evakuierung.»