Seit 28 Jahren lebt der neue Bischof, Frank Bangerter, mit seinem Partner zusammen. Aus seiner Homosexualität machte er nie ein Geheimnis. Dass er nun der erste, offen schwule Bischof der Schweiz ist, bedeutet ihm viel: «Es ist unglaublich schön. Ein Zeichen, auch ausserhalb unserer Kirche, dass Gott uns gewollt hat.»
Frank Bangerter betont, er sei stolz auf seine Kirche. Denn mit seiner Wahl habe sie fortgeführt, was sie vor zwei Jahren begonnen hat. Damals haben die Christkatholikinnen und Christkatholiken beschlossen, keinen Unterschied mehr zu machen zwischen heterosexuellen und homosexuellen Eheschliessungen.
Durch die Aids-Krise zur Theologie
Bangerters Weg zum ersten schwulen christkatholischen Bischof war alles andere als gradlinig. Zunächst studierte er Wirtschaft, arbeitete im Personalwesen. Als sich dann in den 1980er und 1990er Jahren Aids verbreitete, gerade in der Schwulenszene, wechselte Frank Bangerter zur Aids-Hilfe.
Damals habe sich viel verändert in seinem Leben, sagt Frank Bangerter. Er habe seinen Partner kennengelernt und gemerkt, dass er Lust hat auf etwas Neues. «Schon als Kind hatte ich stets das Gefühl, nach Hause zu kommen, wenn ich eine Kirche betrat.» Die Auseinandersetzung mit dem allgegenwärtigen Tod der Aids-Krise brachte ihn schliesslich dazu, Theologie zu studieren: «Theologische Fragen haben mich schon lange umgetrieben: Was gibt mir Kraft? Wo finden wir Halt? Wer begleitet mich im Leben?»
Im Herzen war ich immer katholisch.
Diesen Fragen ging er im Theologiestudium nach. Christkatholisch war er damals allerdings noch nicht, sondern reformiert. Zumindest dem Papier nach. «Im Herzen war ich immer katholisch», sagt Frank Bangerter. Das merkte der frisch studierte Theologe während eines Praktikums in einer reformierten Kirchgemeinde. Er realisierte, dass ihm das Heilige wichtig war – und die reformierte Kirche zu kopflastig. Also wurde er Pfarrer in der Christkatholischen Kirche.
Und nun also Bischof – zu einer Zeit, in der die Christkatholische Kirche vor Herausforderungen steht. Die Kirche ist klein, mit gerade mal gut 12'000 Mitgliedern. Verteilt auf viele kleine Kirchgemeinden. Ob sie alle aufrechte erhalten werden können, ist unklar. Zudem fehlt es an Nachwuchs bei den Geistlichen. In zehn Jahren werden gerade mal sechs wählbare Pfarrerinnen und Pfarrer unter 65 übrig sein.
Wir müssen eine Kirche für alle sein.
Der frisch gewählte Bischof ist sich bewusst: «Ohne Geistliche verkümmert das Leben in den Gemeinden.» Eine einfache Lösung gebe es dafür nicht. Mögliche Ansätze wären: mehr Vorbilder, weniger strenge Anforderungen im Studium und mehr Aufgaben für Laien. Vor allem aber: «Wir müssen eine Kirche für alle sein. Und unsere Kernaufgabe erfüllen: das Verkünden des Evangeliums.»
Mit Frank Bangerter haben die Christkatholikinnen und Christkatholiken einen Bischof gewählt, der die Missstände und Herausforderungen offen anspricht. Der aus «Kirchgemeinden in Not» – «Kirchgemeinden im Aufbruch» machen will. Das Rezept dafür dürfte nicht einfach sein.