Noch vor fünf Jahren sah sich der Automobilclub der Schweiz vor einer Zerreissprobe und machte vor allem wegen interner Streitigkeiten und Führungsquerelen von sich reden. Politisch hatte die Organisation kaum mehr Gewicht. Inzwischen kümmert sich der ACS wieder um Politik – wie aktuell beim Kampf gegen das CO2-Gesetz, das im Juni zur Abstimmung kommt.
Das ist eine Ungleichbehandlung zwischen Land- und Stadtbevölkerung.
Dass durch das Gesetz der Benzin- und Dieselpreis zur Finanzierung von Klimaschutz-Projekten etwas ansteigen soll, ist für ACS-Präsident und SVP-Nationalrat Thomas Hurter nicht akzeptabel: «Das ist eine Ungleichbehandlung zwischen Land- und Stadtbevölkerung. Zwischen jenen, die auf ein Auto angewiesen sind und jenen, die keines benötigen. Es ist wirtschaftsfeindlich.» Denn gerade viele kleine und mittlere Unternehmen seien auf Fahrzeuge angewiesen.
TCS hält absehbare Erhöhung für vertretbar
Damit positioniert sich der ACS anders als der Touring Club Schweiz (TCS). Der grösste Mobilitätsclub der Schweiz betrachtet das CO2-Gesetz nämlich als akzeptablen Kompromiss und unterstützt die Vorlage. Der TCS geht davon aus, dass die vorgesehene Erhöhung der Treibstoffpreise in einem vertretbaren Rahmen bliebe.
Diese klare Meinungsverschiedenheit nimmt der ACS gerne in Kauf. Nachdem der Automobilclub schon sehr aktiv Unterschriften für das Referendum gesammelt hatte, will er sich jetzt auch im Abstimmungskampf in den nächsten zwei Monaten gegen das Gesetz engagieren.
ACS: Innovation statt Lenkung
Der ACS sieht sich laut Hurter als die Organisation, die ausschliesslich die Interessen der Automobilistinnen und Automobilisten vertritt. Und dies auch pointiert: «Wir setzen uns für einen bürgerlichen Kurs ein und sind nicht so sehr staatsgläubig. Wir haben das Gefühl, der Staat soll die Rahmenbedingungen schaffen, aber nicht irgendwie steuern oder lenken.»
Wir setzen uns für einen bürgerlichen Kurs ein.
Dem Umweltschutz sei am meisten gedient durch Innovationen in Industrie und Technik – und nicht durch einen vom Staat geschaffenen Klimafonds oder Lenkungsabgaben, betont Hurter.
VCS wirft ACS einseitigen Fokus vor
Ganz anders sieht das naturgemäss Michael Töngi, grüner Nationalrat und Vorstandsmitglied im ökologisch orientierten Verkehrsclub VCS. Als politischen Gegner nehme er den ACS sehr wohl ernst, habe aber Mühe mit dessen einseitiger Fokussierung.
«Ich habe einfach den Eindruck, dass der ACS die Welt sehr stark durch die Windschutzscheibe anschaut und nicht einen grösseren Blickwinkel hat, den es jetzt doch auch brauchen würde», erklärt Töngi. Gerade angesichts des Klimawandels und der Verkehrsprobleme in Städten und Agglomerationen sei dies bitter nötig.
Der ACS schaut die Welt sehr stark durch die Windschutzscheibe an.
Der ACS will aber auf seiner Spur bleiben. 100'000 Mitglieder hat der Club, dem traditionell viele Besitzer von Oberklasse-Autos, Sportwagen oder Oldtimern angehören.
Gerade in letzter Zeit seien vermehrt jüngere Mitglieder dazugestossen, unterstreicht Präsident Hurter. Für ihn ist deshalb klar: «Man muss anerkennen, dass das Automobil ein wesentlicher Verkehrsträger ist und auch in Zukunft bleiben wird.»
Deshalb werde sich der ACS weiter für das Auto stark machen. Gewisse Akzentverschiebungen gibt es dennoch: So hatte sich der ACS in früheren Jahren immer wieder für eine Erhöhung des Tempolimits auf Autobahnen eingesetzt. Das sei heute weniger ein Thema, sagt Hurter. Andere politische Fragen seien viel wichtiger, etwa eine gut ausgebaute Strasseninfrastruktur.