Zecken vermehren sich inzwischen sogar in Höhenlagen von bis zu 2000 Metern. «Mit den milderen Wintern haben wir mehr Nachwuchs, der überlebt», sagt Gilbert Greub, Direktor des nationalen Zecken-Referenzzentrums. «Und mit der Feuchtigkeit und der Hitze nehmen auch die Zeckenvorkommen zu.»
Die Zahl der durch Zecken übertragenen Enzephalitis-Infektionen hat sich seit 2015 verdoppelt. Man geht davon aus, dass etwa einer von 100 Menschen das Virus in sich trägt, und die Infektion führt in etwa zehn Prozent der Fälle zu schweren Komplikationen.
Leben auf den Kopf gestellt
So wie bei Daniel Pugin. Sein Leben wurde nach einem einfachen Waldspaziergang in der Nähe seines Hauses auf den Kopf gestellt. Der Freiburger wurde von einer Zecke gestochen und ist heute Tetraplegiker. «Ich erinnere mich nicht mehr an den Stich», sagt er dem Westschweizer Radio und Fernsehen (RTS). «Aber als die ersten Symptome auftraten, änderte sich alles innerhalb weniger Tage. Ich hatte einfach keine Kraft mehr.»
Der 60-Jährige verbrachte 34 Tage auf der Intensivstation und dann neun Monate im Schweizer Paraplegiker-Zentrum in Nottwil (LU). Dort versuchte er, seine Mobilität wiederzuerlangen. Danach musste er alles neu lernen.
«Alle meine Muskeln, vom Mund bis zu den Zehen, waren in unterschiedlichem Masse betroffen, aber sie waren alle betroffen», sagt er. «Es war ziemlich verrückt, das Schlucken neu zu lernen. Ein Neugeborenes schluckt, ohne es zu lernen, es ist instinktiv. Ich musste lernen, mich darauf zu konzentrieren, richtig zu schlucken, damit der Schluck wirklich an der richtigen Stelle landet. Mein Kehlkopf war geschrumpft, also musste ich Stück für Stück neu lernen.»
Inzwischen hat sich Daniel an sein verändertes Leben gewöhnt. Seinen Beruf kann der gelernte Bäcker aber nicht mehr ausüben. Das hinterlässt eine grosse Lücke in seinem Leben.
Er versucht, trotzdem positiv eingestellt zu bleiben und sich an den Fortschritten festzuhalten, die er gemacht hat. «Neulich habe ich mit meiner Tochter versucht, in meinem Ofen Pizza zu backen», berichtet er. «Es ist kompliziert, aber ich komme voran. Und ich konnte meinen Enkelkindern zeigen, wie man Zöpfe flechtet. Das ist schon etwas.»
Nachfrage nach Impfungen steigt
Es gibt einen empfohlenen Impfstoff zum Schutz vor Enzephalitis. Dieser wird von der Grundversicherung der Krankenkasse zurückerstattet. «Wir stellen fest, dass das Bewusstsein der Menschen wächst», sagt Christophe Berger, Apotheker in Lausanne. «Unsere Statistik zeigt: Im Juli hatten wir bereits die gleiche Anzahl an Impfungen, wie im gesamten letzten Jahr. Die Zahl der Impfungen scheint sich also verdoppelt zu haben.»
Die Impfung wird in drei Dosen über einen Zeitraum von sechs Monaten bis zu einem Jahr verabreicht und schützt zehn Jahre lang vor Enzephalitis.
Gegen Borreliose, die berüchtigte Lyme-Borreliose, gibt es jedoch keine Impfstoffe. Jedes Jahr erkranken in der Schweiz rund 10'000 Menschen an dieser Krankheit. Im Fall einer Infektion ist eine rasche Behandlung mit Antibiotika unerlässlich, da sich sonst eine schwerere Form der Krankheit entwickeln kann.