«Es ist herzzerreissend, diese Kinder und ihr Leiden zu sehen. Sie haben Atembeschwerden, wollen nicht essen oder trinken, haben hohes Fieber, sind dehydriert und leiden.»
Das sagt die Ärztin Elena Gallo aus Seminole, einer Stadt in Texas, die zu den Epizentren eines Masernausbruchs gehört. Bereits rund 300 Fälle wurden im Bundesstaat bestätigt, zwei Menschen kostete es das Leben – darunter ein vierjähriges Kind.
«Wir tun unser Bestes, aber es ist wirklich schwierig. Wir haben hier fast fünfzig Fälle.»
Dutzende Menschen mussten ins Krankenhaus eingeliefert werden, auch in anderen Bundesstaaten, von Alaska über Kentucky bis nach New Jersey.
Impfskepsis erschwert Bekämpfung
Die Impfquote in der Region um Seminole ist in den letzten drei Jahren stark gestiegen und liegt nun bei 81 Prozent. Doch das reicht noch nicht aus, um die sogenannte «Herdenimmunität» zu gewährleisten, für die eine Quote von 95 Prozent erforderlich wäre.
Und: Die örtliche Kirche trägt nicht zur Lösung des Problems bei. Ihr Pastor betont, dass er fest an die elterliche Autorität jeder Familie glaube und selbst nicht allen Impfstoffen vertraue. Auch die Theorien der Organisation «Children’s Health Defense», einer Impfgegner-Gruppe, die vor Jahren vom heutigen US-Gesundheitsminister Robert F. Kennedy geleitet wurde, helfen nicht.
Kennedy erklärt inzwischen, die Bekämpfung des Ausbruchs sei eine seiner Prioritäten, doch seine ehemalige Organisation empfiehlt, Masern mit Vitamin A zu behandeln – eine Massnahme, die nicht nur nutzlos ist, sondern in zu hohen Dosen sogar schädlich sein kann.
«Die lange Schlange vor der Klinik», erklärt eine Lokalreporterin im Radiobericht des Tessiner Fernsehens RSI, «ist für Vitaminpräparate. Dies ist eine der Regionen mit der niedrigsten Impfquote in den gesamten Vereinigten Staaten.»
Die Lokalreporterin hat mit mehreren Gesundheitsfachkräften in diesem und den benachbarten Landkreisen gesprochen. «Ihr Eindruck ist, dass dieser Ausbruch nicht so schnell eingedämmt werden kann.»
In den vergangenen Monaten haben die meisten Eltern in Seminole ihre jüngeren Kinder impfen lassen. «Wir lassen uns normalerweise nicht gegen Grippe impfen», erzählt eine Mutter, die beim Einkaufen kurz Zeit für ein Gespräch hat. Sie hat fünf Kinder unter sieben Jahren.
«Aber wir haben die Hauptimpfungen gemacht – Masern, Mumps. Wir mussten mit anderen Leuten darüber streiten. Ich bin konservativer als viele hier, aber ich glaube, dass Impfstoffe entwickelt wurden, um Leben zu retten», sagt sie. «Wahrscheinlich sind sie nicht perfekt, aber die Vorteile überwiegen die Nachteile. Nicht alle sind meiner Meinung, aber als Mutter bin ich dankbar, dass wir uns in Situationen wie dieser um eine Sorge weniger kümmern müssen.»