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Kampf gegen Klimawandel Mit Satelliten und KI auf der Suche nach CO₂-Schleudern

Schweizer und internationale Experten setzen Satelliten und künstliche Intelligenz ein, um genauere Einblicke in den Ausstoss von Treibhausgasen zu erhalten. Sie erhoffen sich davon, dass Regierungen dank präziserer Daten schneller und gezielter ihrer Emissionen reduzieren.

Im Rahmen des Pariser Klimaabkommens müssen die Staaten regelmässig Schätzungen darüber abgeben, wie viel Treibhausgase sie ausstossen oder entfernen. Dieser Berichterstattungsprozess ist jedoch sehr aufwändig und mit vielen Unsicherheiten behaftet.

Gerrit Kuhlmann hat eine Idee, wie das effizienter und präziser gemacht werden könnte. Er forscht an der Empa, dem ETH-Forschungsinstitut für Materialentwicklung und Technologieentwicklung. Mit Hilfe von satellitengestützter Erdbeobachtung und Entwicklungen im Bereich der künstlichen Intelligenz wollen Kuhlmann und sein Team Entscheidungsträgern fast in Echtzeit detaillierte Karten zur Verfügung stellen über die weltweit freigesetzten Treibhausgase Kohlendioxid (CO₂), Methan und Stickstoffdioxid (NO₂).

Ein Modell eines Satelliten der europäischen Copernicus-Mission zur Messung von CO₂-Emissionen.
Legende: Ein Modell eines Satelliten der europäischen Copernicus-Mission zur Messung von CO₂-Emissionen. ESA/Mlabspace

Möglich werden soll das dank dem europäischen Copernicus-Programm, an dem die Empa beteiligt ist. Es stattet Erdbeobachtungssatelliten mit Technologien zur Messung von Treibhausgasen aus.

In den letzten Jahren ist die Zahl der Erdbeobachtungssatelliten und deren Leistungsfähigkeit exponentiell gestiegen: Sie machen inzwischen fast 20 Prozent der gesamten Satellitenpopulation in der Umlaufbahn aus. Unternehmen wie Space X, Blue Origin, Planet Labs und Maxar Technologies liefern sich dabei ein Wettrennen.

Dadurch entstehen grosse Mengen komplexer Satellitendaten, die analysiert werden müssen. Weltweit werden derzeit verschiedene Plattformen zur Überwachung des Klimawandels mit Hilfe von Erdbeobachtungen entwickelt. Amerikanische und japanische Instrumente und Satelliten überwachen bereits seit mehreren Jahren erfolgreich Methanemissionen und liefern Bilder von Lecks in Öl- und Gasanlagen, Kohleminen und Mülldeponien.

Allerdings war es bisher nicht möglich, abzuschätzen, welche Emissionen vom Menschen verursacht werden. Mit der europäischen «Copernicus CO₂ Monitoring Mission» (CO2M) wird sich dies voraussichtlich ändern. Der erste von zwei CO2M-Satelliten, die mit neuesten Instrumenten ausgestattet sind, soll 2026 gestartet werden.

Auch Dichte von Blättern wird gemessen

Das Forschungsteam der Empa hat der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) verschiedene Empfehlungen für die Ausrüstung der CO2M-Satelliten unterbreitet, darunter die Idee des kombinierten Messgeräts, das CO₂ und NO₂ erfasst, die beide bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe wie Kohle, Öl und Gas entstehen.

«Wenn wir hohe NO₂-Werte und hohe CO₂-Werte sehen, wissen wir, dass diese aus anthropogenen Emissionen stammen, also im Wesentlichen aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe», erklärt Kuhlmann. NO₂ wird beim natürlichen «Atmen» der Biosphäre nicht produziert.

Die Satelliten werden auch wichtige Daten darüber liefern, wie grün und dicht die Vegetation auf der Erde ist, wie viele Blätter zum Beispiel die Bäume haben. «Das sagt uns, wie viel CO₂ sie tatsächlich aus der Atmosphäre aufnehmen», sagt Kuhlmann.

Schweizer Wissenschaftler haben sich an der Entwicklung des CO2M im Rahmen der EU-Forschungs- und Entwicklungsprogramme Horizon 2020 und Horizon Europe beteiligt. Die Schweiz gehört zwar nicht zur EU, ist aber Mitglied der ESA.

Echo der Zeit, 29.1.25, 18.00h

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