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Migration Schweiz liegt bei der Rückwanderung über dem europäischen Schnitt

Die Einwanderung in die Schweiz ist ein politischer Dauerbrenner. Kaum je ist aber davon die Rede, dass es auch eine beachtliche Zahl von Ausländerinnen und Ausländern gibt, die die Schweiz verlassen. Im europäischen Vergleich ist die Rückwanderungsquote sogar recht hoch.

«Man neigt dazu, zu vergessen, dass Menschen, die einwandern, sich nicht unbedingt niederlassen.» Das sagt die Soziologin Liliana Azevedo vom Schweizer Forschungszentrum für Migration an der Universität Neuenburg.

Im Zeitraum von 2013 bis 2022 sind pro Jahr durchschnittlich 155’000 Personen aus dem Ausland in die Schweiz eingewandert. Im gleichen Zeitraum lag die Zahl der Auswanderungen von Ausländerinnen und Ausländern bei rund 90’000. Das entspricht etwa 60 Prozent der Einwanderungen.

Die Auswanderungen nehmen seit Anfang der 2000er-Jahre moderat zu, stärker als die Zahl der Einwanderungen.

Wie in anderen europäischen Ländern ist auch in der Schweiz die sogenannte Rückwanderungsziffer seit dem Ukrainekrieg gesunken. Dies ist auf den hohen Anteil von Geflüchteten aus diesem Land zurückzuführen, die nicht ausreisen können. Im Jahr 2023 lag diese Rate bei 40 Auswanderungen pro 100 Einwanderungen, sie stieg 2024 jedoch wieder auf 50 pro 100 an.

Im Vergleich zu anderen Ländern in Europa hat die Schweiz einen eher hohen Prozentsatz an Zugewanderten, die wieder auswandern. Die folgende Grafik zeigt die Durchschnittswerte für den Zeitraum 2021 bis 2023.

Die Rückwanderungsquote allein ermöglicht nur begrenzt aussagekräftige Analysen, da die Menschen, die in die Schweiz einwandern, nicht zwingend dieselben sind, die sie verlassen. Betrachtet man die Langzeitdaten, die das Bundesamt für Statistik (BFS) zur Verfügung stellt, wird ersichtlich, dass die Auswanderungsquote von Zugewanderten in den ersten Jahren nach ihrer Ankunft am höchsten ist.

Von den 200’000 Ausländerinnen und Ausländern, die 2011 in die Schweiz gekommen waren, hatten die Hälfte das Land fünf Jahre später bereits wieder verlassen, nach elf Jahren waren es fast 60 Prozent. Der Grossteil der Ausreisen erfolgte in den ersten beiden Jahren.

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Entscheidend für die Dauer, während der Eingewanderte im Land bleiben, ist die Beschäftigung. «Die Arbeit ist es, was die Menschen an die Schweiz bindet», sagt die Soziologin Liliana Azevedo. «Arbeitslosigkeit, unsichere oder unqualifizierte Jobs sind allesamt Hindernisse, um länger als ein paar Jahre bleiben zu können.».

Viele Menschen kommen auch für eine einmalige berufliche oder akademische Erfahrung in die Schweiz, binden sich jedoch kaum an das Land und verlassen es bald wieder, um ihre Karriere anderswo fortzusetzen.

Bauarbeiter auf der Berner Kornhausbrücke
Legende: Auf dem Bau ist der Anteil von Arbeitenden aus dem Ausland besonders hoch, wie hier auf der Kornhausbrücke in Bern. Viele kehren nach der Pensionierung in ihre Heimat zurück. Keystone/Christian Beutler

Die 2002 in Europa in Kraft getretene Personenfreizügigkeit hat nicht nur die Einwanderung in die Schweiz angekurbelt, sondern auch einen internationalen Ansatz bei der Arbeit gefördert. Heute «sind die Lebensläufe zunehmend von mehrfacher Mobilität geprägt», betont Azevedo.

Für viele Eingewanderte ist der Ruhestand der Grund, das Land wieder zu verlassen. Das gilt besonders für die Portugiesinnen und Portugiesen. Mit 83 Auswanderungen pro 100 Einwanderungen waren sie im Jahr 2023 die Bevölkerungsgruppe mit der höchsten Rückwanderungsrate.

Die «Ideologie der Rückkehr» durchdringe die portugiesische Gemeinschaft noch immer stark, heisst es in einer Studie der Universität Neuenburg. Im Vergleich zu den anderen untersuchten Gruppen ausländischer Herkunft blieben die Portugiesinnen und Portugiesen am stärksten mit ihrem Herkunftsland verbunden.

Echo der Zeit, 22.4.25, 18:00

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