Ab Dienstag galt in gewissen Regionen in den Bergen die Lawinenwarnstufe 4 (auf einer Skala bis 5). Für Schneesport-Treibende hiess das: Es wurde ihnen dringend empfohlen, sich nicht abseits der Pisten zu bewegen. Inzwischen ist die Gefahr auf Stufe 3 herabgestuft worden.
Aber was bedeutet das eigentlich, «abseits der Pisten»? «Neben den markierten Pisten gibt es einen zwei Meter breiten Streifen, der noch durch Skilifte gesichert ist. Sobald man diesen Zwei-Meter-Streifen verlässt, fährt man bereits abseits der Piste», erklärt Nicolas Duc, Präsident der schweizerischen Kommission für die Unfallverhütung auf Schneesportabfahrten (Skus), gegenüber dem Westschweizer Radio und Fernsehen (RTS).
Das Skifahren abseits der Pisten ist in der Schweiz legal. «Man muss sich nur an die Regeln halten und ein paar Vorsichtsmassnahmen treffen, bevor man die Piste verlässt, vor allem wenn die Gefahr gross ist, wie in den letzten Tagen», betont Duc. «Man muss mit einem Lawinensuchgerät, einer Schaufel und einer Sonde ausgerüstet sein, um im Fall eines Lawinenabgangs Erste Hilfe leisten und eine Person bergen zu können.»
Das wichtigste Element sei jedoch die Ausbildung. Überall in den Alpen gebe es Kurse, die Interessierte für Aktivitäten abseits der Pisten vorbereiteten.
Wer sich an diese Vorsichtsmassnahmen hält, für den besteht gemäss Duc kein Risiko, dass die Versicherung für den Schaden nicht aufkommen würde. Wichtig sei, dass man das Lawinenbulletin lese und am besten auch mit dem Sicherheitsbeauftragten des Skigebiets spreche, bevor man seine genaue Route plane. Wenn dann trotzdem ein Unfall geschehe, dürfe das nicht sanktioniert werden. «Denn Skifahren abseits der Pisten ist eine sportliche Aktivität wie jede andere, wenn man sie vernünftig betreibt», betont Duc.
Was passiert, wenn die Vorbereitung ungenügend war oder jemand nicht gut genug Skifahren kann? «Wenn die Versicherungsgesellschaft nachweisen kann, dass Sie wirklich nicht ausreichend vorbereitet waren und ein sogenanntes 'waghalsiges Unterfangen' unternommen haben, kann dies negative Konsequenzen haben, bis hin zur Kürzung oder Aufhebung des Versicherungsschutzes», erklärt Duc. «Das würde auf einen Kampf unter Experten hinauslaufen.»
Wenn nun aber jemand bei hoher Warnstufe abseits der Piste Ski fährt, eine Lawine auslöst und die Lawine eine Piste erreicht und einen anderen Skifahrer verletzt, wer wird dann dafür verantwortlich gemacht? In einem solchen Fall läuft gemäss Duc der oder die Betroffene Gefahr, wegen Behinderung des öffentlichen Verkehrs strafrechtlich verurteilt zu werden. Das hätte dann auch Folgen für die Deckung der Kosten für Rettung, Transport, Evakuierung der Verletzten und Personensuche durch die Versicherung.
Wenn dann auch die Person, die die Lawinen ausgelöst hat, verletzt wird, könnte laut Duc die Unfallversicherung die Zahlung verweigern, wegen «Leichtfertigkeit» oder «Grobfahrlässigkeit». Sie könnte dann beispielsweise die Deckung des Arbeitsausfalls ablehnen.
Aber Duc betont auch: «Wenn die Bedingungen stimmen, macht das Skifahren abseits der Pisten grossen Spass. Wenn man es in einer sicheren Umgebung macht, gibt es keinen Grund, es zu verteufeln. Man muss es nur bewusst und sicher tun.»