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Saudi-Arabien Ein Skigebiet mitten in der Wüste, wo es kaum je schneit

Saudi-Arabien will ein wichtiger Akteur werden im Welttourismus. Mit riesigen Investitionen baut es derzeit, neben anderen umstrittenen Megaprojekten, ein Skigebiet in der Wüste, wo Schnee sehr selten ist.

Fussball-WM 2034, Weltausstellung 2030 und Winter-Asienspiele 2029: Saudi-Arabien, vor wenigen Jahren noch eines der verschlossensten Länder der Welt, bereitet sich darauf vor, in den nächsten Jahren wichtige globale Ereignisse auszurichten. Das Königreich investiert riesige Summen in gigantische Projekte, von denen viele wegen der menschlichen und ökologischen Kosten umstritten sind.

Eines dieser Projekte heisst Trojena. Es ist ein Skigebiet, das in einer Wüstenlandschaft aus dem Nichts erschaffen werden soll. Schon in vier Jahren sollen dort die Winter-Asienspiele ausgetragen werden.

Personen betrachten ein beleuchtetes 3D-Modell von Bergen mit Skirouten.
Legende: Im März 2024 präsentierte Saudi-Arabien an einer Messe in Cannes ein Modell des geplanten Wüsten-Skigebiets Trojena. Keystone/Sebastien Nogier

Gemäss Werbebildern befindet sich Trojena derzeit im Bau. Immobilienmakler sind damit beauftragt, die geplanten Chalets zu verkaufen, und sie versichern, dass sie bereits zahlreiche Kaufversprechen erhalten haben. Saudi-Arabien werde «zu einem guten Ort für Investitionen, Arbeit und Freizeit für Touristen», sagt Majed bin Abdullah Al-Hogail, Minister für Wohnungsbau und Mitglied der saudischen Königsfamilie, gegenüber dem Westschweizer Fernsehen RTS.

«Wir sind dabei, Städte zu bauen, die all diesen Anforderungen gerecht werden können.» Der Minister zeigt sich zuversichtlich, dass auch die Ziele der futuristischen Megastadt Neom erreicht werden (vgl. Box).

Beim Zukunftsprojekt Neom häufen sich die Schwierigkeiten

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Eine Stadt der Zukunft soll es werden, eine architektonische und technologische Revolution im Herzen der saudischen Wüste: das ultramoderne Stadtprojekt Neom.

Im Mittelpunkt des Projekts steht eine grandiose Vision: zwei parallele 500 Meter hohe Wolkenkratzer, die miteinander verbunden sind und eine einzigartige lineare Stadt bilden. Im Inneren ein noch nie dagewesenes Konzept: eine Stadt, die auf mehreren vertikalen Ebenen organisiert ist. Die Bewohner sollen in sich überlagernden Räumen leben und arbeiten, umgeben von hängenden Gärten.

Doch in jüngster Zeit haben sich die Rückschläge gehäuft. Vom geplanten ultraschnellen Verkehrsnetz soll vorerst nur ein 2.4 Kilometer langes Teilstück gebaut werden, statt der ursprünglich geplanten 170 Kilometer. Und statt neun Millionen Menschen sollen in der Stadt nur noch 300'000 leben.

Die Herabstufung des Projekts ist weitgehend auf finanzielle Zwänge zurückzuführen. Ausländische Investoren zögern, sich zu engagieren. Per Ende 2024 musste der Geschäftsführer zurücktreten, aufgrund von Vorwürfen des Missmanagements.

Ausserdem wird die Baustelle von Anschuldigungen wegen Menschenrechtsverletzungen überschattet. Gemäss dem «Wall Street Journal» gab es unter den 100'000 Arbeitern Fälle von Gruppenvergewaltigung, versuchtem Mord und Drogenschmuggel. In einem Bericht mit dem Titel «Stirb zuerst, und ich bezahle dich später» beschreibt die Menschrechtsorganisation Human Rights Watch Arbeitsbedingungen, die manchmal an Zwangsarbeit erinnern.

Die saudischen Behörden weisen die Vorwürfe zurück und sprechen von «marginalen Vorfällen».

Auch die Schweizer Botschafterin in Saudi-Arabien, Yasmina Chatila Zwahlen, sieht die Grossprojekte des Königreichs positiv. «Saudi-Arabien will von der ganzen Welt gesehen werden. Grossprojekte wie die Weltausstellung 2030 oder die Fussball-WM 2034 lenken die Blicke auf das Land. Und das erhöht den Druck, beispielsweise den Schutz von Wanderarbeitern zu verbessern.»

Die Diplomatin will nicht über die Kontroversen um das Projekt Neom sprechen, hält es aber für sehr wichtig: «Neom ist ein Symbol dafür, dass das heutige Saudi-Arabien nicht mehr das Land der Kamele und Beduinen in der Wüste ist.»

Arbeitsbedingungen werden angeprangert

Im Norden Saudi-Arabiens, in einer der trockensten Wüsten der Welt, arbeiten viele Gastarbeiter aus Indien, Bangladesch und Pakistan auf den Baustellen von Neom und leben hinter hohen Stacheldrahtzäunen. Gemäss einer vom britischen Fernsehsender ITV ausgestrahlten Recherche sollen bereits 21'000 Wanderarbeiter auf den Baustellen gestorben sein – und 100'000 sollen als vermisst gelten. Diese Behauptungen wurden von den saudi-arabischen Behörden dementiert.

Auf der Bergstrasse in Richtung des Ortes, an dem das Skigebiet Trojena gebaut werden soll, sind die wenigen Beduinendörfer vom Aussterben bedroht. Gemäss Aussage eines ehemaligen saudischen Offiziers, die vom britischen Rundfunk BBC wiedergegeben wurde, ist die örtliche Polizei dort befugt, jeden zu töten, der sich dem Neom-Projekt widersetzt.

Derzeit wird eine Wasserleitung gebaut, die dazu dienen soll, Wasser aus dem Roten Meer zu pumpen, das entsalzt und dann für die Schneekanonen der Destination verwendet werden soll. In 2000 Metern Höhe graben die Maschinen den Gipfel aus und betonieren ihn. Die erste Schneekanone befindet sich sogar schon in der Testphase.

Auch wenn die Arbeiten tatsächlich begonnen haben, ist es heute schwer, sich eine solche Landschaft – in der das Thermometer Ende November noch 15 Grad im Schatten zeigte – mit Schnee bedeckt vorzustellen.

RTS Mise au point, 5.1.2025, 20 Uhr

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