Die Studie des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) Kiel ist hochaktuell. Mit Blick auf die bevorstehenden Wahlen in Deutschland liessen sich Schlüsse auf die Zugewinne für die Parteien am linken und rechten Rand machen, sagen die Forschenden.
«Wir haben berechnet, dass mit der aktuellen Wirtschaftslage in Deutschland die Unterstützung für populistische und extremistische Parteien um zwei Prozentpunkte gestiegen ist», sagt einer der Studienautoren, Jonathan Federle, gegenüber dem Westschweizer Radio RTS. Neben Inflation und Kaufkraft spiele auch der Zustand der Wirtschaft eine Rolle. Die Industriekrise, die Deutschland derzeit durchlebt, könnte daher ebenfalls populistischen Parteien zugutekommen. Umgekehrt kommt ein Wirtschaftswachstum, das besser ist als erwartet, tendenziell den Parteien der Mitte zugute.
Die Forschenden haben für ihre Studie 365 Wahlen in 18 Industrieländern seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs untersucht und konnten so den Einfluss der Inflation auf Stimmen oder Wahlabsichten quantifizieren.
Die Resultate gelten für Zeiten unerwartet hoher Inflation, wie etwa die Ölkrise in den 70er-Jahren oder den Preisschock nach der Corona-Pandemie. Auch liesse sich damit sowohl ein Teil des Zuspruchs für den designierten US-Präsidenten Donald Trump erklären wie eben auch für die AfD und das BSW in Deutschland.
«Die Wahlen der letzten Jahre haben gezeigt, dass Inflation eine treibende Kraft für Extremisten und Populisten sein kann», ergänzt Federle und betont dabei: «Inflation hat nicht nur bei ein oder zwei Wahlen in der letzten Zeit eine Rolle gespielt. Es handelt sich dabei um eine allgemeine Folge. Der Zusammenhang ist systematisch.»
Schweizer Fall
In der Schweiz untersuchten die Forschenden insbesondere den Fall der 1970er-Jahre, als der Ölschock zu einem Anstieg der Inflation und gleichzeitig zu einer Stagnation der Wirtschaft führte. Vor den Parlamentswahlen 1971 erreichte die Inflation 7 Prozent, was laut Jonathan Federle zwei rechtsextremen Parteien, der Bewegung «Nationale Aktion gegen Überfremdung von Volk und Heimat» und der «Republikanischen Bewegung», einen Gewinn von 13 Prozentpunkten ermöglichte.