Zum Inhalt springen

Trotz Genehmigung der Gemeinde Eigentümer in Alpenregionen müssen ihre Chalets abreissen

In den Alpenkantonen mussten Eigentümer ihre Häuser auf Anordnung der Behörden abreissen lassen, weil sie ausserhalb der Bauzonen gebaut hatten. Sie hatten jedoch die Genehmigung ihrer Gemeinde erhalten.

Jahrzehntelang haben viele Gemeinden, insbesondere im Wallis und im Tessin, das Bundesgesetz über die Raumplanung anders interpretiert als der jeweilige Kanton. Die Konsequenzen sind in einigen Fällen brutal. Diese Erfahrung machte der Zürcher Urs Trachsel. Vor 20 Jahren kaufte er ein altes Bauernhaus und zwei weitere kleine angrenzende Gebäude im Val Colla, oberhalb von Lugano.

Ich habe die notariellen Urkunden, ich konnte den Grundbuchauszug einsehen. Ich konnte nicht ahnen, dass etwas nicht stimmt.
Autor: Urs Trachsel Hausbesitzer

Die Urkunden dafür wurden notariell beglaubigt, die Behörden genehmigten die Umbauarbeiten. In die Renovation flossen Trachsels Ersparnisse und eine Hypothek von 700'000 Franken. Alles lief problemlos, bis die kleine Gemeinde Certara, in der sich sein Eigentum befand, mit der Stadt Lugano fusionierte.

Abriss trotz Genehmigung – so argumentiert der Kanton:

Keine gesetzliche Grundlage

Von da an änderte sich alles. Die Behörden von Lugano stellten fest, dass sein Eigentum ausserhalb der Bauzone liegt. Trachsels Interventionen, er habe die Genehmigungen von der Gemeinde, nützten nichts. Die Dokumente seien nicht gültig, hiess es vom Kanton. Der Zürcher müsse sein Eigentum abreissen.

Schattenriss von Baukränen und Gerüsten vor schneebedeckten Bergen.
Legende: Keystone

«Ich habe die notariellen Urkunden, ich konnte den Grundbuchauszug einsehen. Alles war topseriös. Ich konnte nicht ahnen, dass etwas nicht stimmte», sagt Trachsel gegenüber dem Westschweizer Radio RTS. «Man sagte mir, ich hätte wissen müssen, dass die Zustimmung des Kantons erforderlich war. Die Dokumente in meinem Besitz wurden nicht einmal berücksichtigt – mit der Begründung, dass sie keine rechtliche Grundlage hätten.» Vor Kurzem hat er einen Zahlungsbefehl für den Abriss erhalten, den er selbst nicht durchführen konnte. Betrag: 280'000 Franken. Da er nur seine AHV-Rente hat, fürchtet er nun den Bankrott.

Chalet in Morgins

Ähnliche Fälle gibt es auch in anderen Kantonen. Schlagzeilen machte besonders der Fall des Chalet-Besitzers Bernard Dubosson in Morgins. Er ist eine bekannte Persönlichkeit im Sport- und Vereinsleben seines Tals. Vor 30 Jahren baute er ein Familienchalet am Waldrand, ausserhalb der Bauzone. Alles mit der Genehmigung seiner Gemeinde, die dafür jedoch nicht zuständig war. Nach jahrelangem Kampf soll sein Chalet abgerissen werden.

Diese Fälle bleiben selten. Wenn es zu einer solchen Situation kommt, dann weil die Fälle schwerwiegend sind
Autor: Sara Martinez-Bravo Präsidentin der Walliser Baukommission

«Ich habe nichts falsch gemacht. Wenn ich die Genehmigungen der Gemeinde nicht gehabt hätte, würde mein Chalet nicht existieren», so Dubosson. Im Gegensatz zu Urs Trachsel kämpft er weiter. Er hat Klage eingereicht und will seine Gemeinde zur Verantwortung ziehen. Das Verfahren läuft noch.

Teilrevision des Gesetzes

«Diese Fälle bleiben selten. Wenn es zu einer solchen Situation kommt, dann weil die Fälle schwerwiegend sind. Die Verfahren dauern sehr lang. Jeder Fall ist besonders und wird auf bestmögliche Weise gelöst, unter Anwendung des geltenden Rechts», relativiert Sara Martinez-Bravo, Präsidentin der kantonalen Baukommission im Wallis.

Für mehr Sicherheit sorgen könnte nun das neue Raumplanungsgesetz (RPG2), das voraussichtlich in diesem Jahr in Kraft tritt. Damit dürfte klar werden, was aus den Tausenden alter Maiensässe ausserhalb der Bauzone wird.

RTS; La Matinale; 26.01.2025; 07:25 Uhr

Meistgelesene Artikel