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Wahlen in Deutschland Frust bei Auslandsdeutschen – nun droht juristisches Nachspiel

Viele Auslandsdeutsche haben bei den Bundestagswahlen am Sonntag ihre Stimme nicht abgeben können, weil für den Postversand der Wahlunterlagen die Zeit nicht reichte. Das könnte noch ein juristisches Nachspiel haben.

Nach den Wahlen vom Sonntag herrscht bei Deutschen im Ausland Frust, weil zahlreiche Wahlbriefe zu spät ankamen. Wie viele Wählerinnen und Wähler davon betroffen sind, bleibt offen. Nachzählen lasse es sich nicht, mussten die deutschen Behörden eingestehen.

Die Zahl der Deutschen, die im Ausland leben, existiert nur als Schätzung. Man geht von 3 bis 4 Millionen Deutschen aus. Anders als die Auslandschweizer und Auslandschweizerinnen sind nicht alle von ihnen allein aufgrund der Staatsbürgerschaft wahlberechtigt.

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Nur wer sich ins Wahlregister hat eintragen lassen, erhält die Wahlunterlagen. Neu war bei dieser Bundestagswahl, dass Wahlwillige die Online-Registrierung erstmals per Mail – und nicht mehr nur per Briefpost – an ihre deutsche Heimatgemeinde senden konnten.

Bis zum Wahlwochenende hatten sich 213’255 Auslandsdeutsche für die Bundestagswahl registrieren lassen, 60 Prozent mehr als bei den Wahlen 2021. Gemessen mit der Schweiz sind es allerdings wenig. Rund 220’000 Personen finden sich im Schweizer Wahlregister – bei gut 800’000 Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern.

Defizit der Demokratie

Deutschland erlebte also, was die Schweiz mit ihren Stimmen aus dem Ausland regelmässig erfährt: Für Hin- und Rückversand der Wahlunterlagen reichte bei manchen die Zeit nicht. Zurück bleiben frustrierte Stimm- und Wahlberechtigte. Und ein Defizit an Demokratie wurde offengelegt.

Denn gerade bei knappen Ergebnissen kommt es auf alle Stimmen an. In Deutschland fehlten dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) am Ende 13’400 Stimmen, um den Sprung über die 5-Prozent-Hürde und es damit in den Bundestag zu schaffen. Erst durch das Ausscheiden des BSW aus dem deutschen Parlament wird eine grosse Koalition unter Ausschluss der Grünen möglich. Sahra Wagenknecht erwägt nun eine Wahlbeschwerde.

Wahlberechtigte bei der Stimmabgabe in einem Wahllokal in Sachsen-Anhalt
Legende: Wahlberechtigte bei der Stimmabgabe in einem Wahllokal in Sachsen-Anhalt Keystone/Matthias Bein

Die Debatte darüber könnte noch länger andauern. «Muss die Wahl am Ende annulliert werden, weil der Staat nicht das möglich macht, was im Grundgesetz garantiert ist: dass jeder Bundesbürger ein Recht auf die Teilnahme an Wahlen hat?», fragt die «Wirtschaftswoche». Das Magazin zitiert den Heidelberger Rechtsprofessor Bernd Grzeszick. Er sagt: «Ich gehe davon aus, dass es Klagen von Auslandsdeutschen gegen die Wahl geben wird.» Diese dürften aber kaum Erfolg haben, da die kurze Frist für diese Wahl wohl Vorrang hatte.

Botschaften organisierten Kurierdienst

Im Gegensatz zur Schweiz, wo verspätete Abstimmungscouverts zur Normalität gehören, gilt die jetzige Verspätung in Deutschland als einmaliges Ereignis. Denn die Wahlen waren vorgezogen worden, alle Fristen waren daher ausserordentlich knapp bemessen.

Die Unterlagen für die Briefwahl im Ausland gelangten erst am 4. Februar in den Versand, in einigen Bundesländern sogar erst am 10. Februar. So blieben drei Wochen, in vielen Fällen aber nur zehn Tage für die beiden Postwege. Sonst üblich sind sechs Wochen.

Weil bekannt war, dass es für die Auslandsdeutschen knapp werden würde, hatte das Auswärtige Amt vorsorglich sogenannte Botschaftskuriere organisiert. Auslandsdeutsche konnten Wahlcouverts an ihre jeweilige Botschaft senden. Die organisierte dann den Kurierdienst nach Deutschland.

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Legende: KEYSTONE/DPA/Anna Ross

Deutschland hat einen neuen Bundestag gewählt. Anschliessend wird eine neue Regierung ernannt. Alle News und Hintergründe zu den Wahlen 2025 in Deutschland finden Sie hier.

Tagesschau, 24.2.25, 19.30h

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