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Weltraumschrott Herabfallende Trümmerteile aus dem All sind eine wachsende Gefahr

Wenn plötzlich riesige Metallteile vom Himmel fallen, wie jüngst in Kenia, ist die Vermutung nah, dass es sich um Weltraumschrott handelt. Da es immer mehr Raketenstarts gibt, muss auch vermehrt mit solchen Vorfällen gerechnet werden.

Ein Metallring mit einem Durchmesser von rund 2.5 Metern und einem Gewicht von fast 500 Kilogramm schlug am 30. Dezember beim Dorf Mukuku im Süden Kenias ein. Die kenianische Raumfahrtbehörde (KSA) leitete eine Untersuchung ein und vermutete zunächst, dass es sich um einen Raketentrennring handelte.

Doch bald tauchten andere Hypothesen über den Ursprung des Objekts auf. Ein Beamter der KSA sagte auf Nachfrage, man könne zum jetzigen Zeitpunkt «niemanden von der Verantwortung ausschliessen».

Für Romain Lucken, den Chef des französischen Unternehmens Aldoria, das auf Satellitenüberwachung spezialisiert ist, ist die Trümmerhypothese «absolut plausibel». Er glaubt, dass es sich um einen Teil der Oberstufe des von der indischen Raumfahrtbehörde entwickelten PSLV (Polar Satellite Launch Vehicle) handelt.

«Es gibt eine Mission, die am 30. Dezember losgeschickt wurde, mit einem Wiedereintrittsdatum, das gut passt, und vor allem einem Wiedereintrittspunkt, der sehr gut passt – bis auf ein paar Dutzend Kilometer genau», sagt Lucken. Sein Unternehmen verfügt weltweit über 15 Teleskope und rekonstruiert mit ihrer Hilfe die Flugbahn von Raketen.

Theorien zur Herkunft des Objekts

Anders sieht das Jonathan McDowell. «Ich bin nicht völlig davon überzeugt, dass es sich bei dem Ring um Weltraummüll handelt», sagt der US-Experte, der bei der Identifizierung eines Teils der Internationalen Raumstation (ISS) half, das im vergangenen April auf ein Haus in Florida fiel.

John Crassidis, Professor an der Universität des Bundesstaats New York, der mit der Nasa im Bereich Weltraummüll zusammenarbeitet, findet, dass die technischen Einschätzungen der kenianischen Behörde «zu 100 Prozent zutreffend sind» und dass es ihnen gelingen wird, «das Land zu bestimmen, aus dem der Ring stammt, da jedes Land die Dinge ein wenig anders handhabt». Er stellt eine Hypothese auf: «Es könnte sich um einen Ring handeln, der nicht in der Rakete selbst steckt, sondern in der Oberstufe, die in der Regel kleiner ist.»

Nach Ansicht von Christophe Bonnal, einem französischen Spezialisten für Weltraumverschmutzung, könnte das Objekt von einer militärischen Trägerrakete stammen. «Sie sind gepanzert. Das passt zur Tatsache, dass es sehr massiv und schwer ist», sagt er.

Mehr Raketenstarts

Solche Vorfälle haben bisher noch nicht zu Todesfällen geführt, werden aber mit zunehmender Zahl der Raketenstarts immer häufiger: «Vor zehn Jahren trat etwa alle zwei Wochen ein Objekt in die Atmosphäre ein, bei dem mit einem Einschlag zu rechnen war. Heute kann dies zweimal pro Woche passieren», sagt Stijn Lemmens, Trümmerspezialist bei der Europäischen Weltraumorganisation (ESA).

«Irgendwann wird es auch kritische Infrastrukturen wie Kernkraftwerke oder Öltanker und sogar Häuser treffen», warnt Romain Lucken.

«Das ist unser Damoklesschwert», stimmt Christophe Bonnal zu. Aber die Geografie hilft, fügt er hinzu. Denn 71 Prozent der Erdoberfläche sind von Ozeanen bedeckt, zehn Prozent von Wüsten, und «nur 3.3 Prozent sind dicht besiedelt».

RTS, Le journal horaire, 8.1.25, 10.02 Uhr ; 

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