Gut 70 Jahre nach der Detonation im ehemaligen Munitionslager Mitholz im Berner Oberland mit neun Toten zeigt eine neue Expertise, dass die Gefahr in den alten Stollen höher ist als bisher angenommen. Die Bevölkerung von Mitholz kann vorerst trotzdem weiter dort wohnen bleiben. Das wurde ihr vom Verteidigungsminister Guy Parmelin gestern persönlich mitgeteilt.
Peter Nussbaumer ist von der Firma, welche die Gefährdungsanalyse erstellt hat. Er erklärt, weshalb eine Evakuierung der Anwohner nicht nötig ist.
SRF News: Warum wird die Dorfbevölkerung trotz Risiko nicht evakuiert?
Peter Nussbaumer: Wir haben versucht, die Situation so objektiv wie möglich zu erfassen, und sind zum Schluss gekommen, dass die Sicherheitskriterien überschritten werden. Wir sind aber nicht in einem derart unzulässigen Bereich, dass wir alle Aktionen sofort einstellen müssten, das heisst, dass die Leute weggebracht und Bahnverbindungen und Strassen geschlossen werden müssten. Das wären dann doch extrem einschneidende Massnahmen.
Entweder man räumt die Munition weg, oder man bringt die Personen in Sicherheit.
Wir können uns aber vorstellen, dass wenn man im Stollen zu arbeiten beginnt – sei es für technische Untersuchungen oder Räumungsaktionen –, temporäre Evakuierungen und Schliessungen der Verkehrsträger angebracht wären.
Was kann man konkret tun? Kann man die Munitionsrückstände beseitigen oder zurückbauen? Kann man sie zum Beispiel in Beton eingiessen?
Dazu kann ich jetzt noch keine Aussagen machen, das ist sehr komplex. Aber es stimmt: Entweder man räumt die Munition weg, oder man bringt die Personen in Sicherheit. Oder man schaut, dass die Auswirkungen einer Explosion die Personen nicht erreichen. In diesem Feld bewegen wir uns.
Man geht von geschätzten 3500 Tonnen Munition und Sprengstoff aus. Ist das viel im Vergleich zu anderen Stellen, an denen es vielleicht noch Munitionsrückstände hat?
Die 3500 Tonnen sind Bruttotonnen. Das ist der Sprengstoff, die Verpackung, die Umhüllung und so weiter. Netto rechnen wir noch mit wenigen 100 Tonnen. In der Schweiz gibt es keine anderen Orte, die ähnlich grosse Konzentrationen an Munition haben oder in der Umgebung exponiert sind.
Das Gespräch führte Matthias Baumer.