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Und haut mit einem Hammer auf eine koreanische Spielmaschine.
Legende: Whack-a-mole Ein Mann versucht, möglichst viele Maulwurf-Köpfe zu treffen. TPapi auf Flickr

Facebook löscht Konten Die Eindämmung des Hasses ist eine nötige Sisyphus-Arbeit

Der Facebook-Konzern in Deutschland hat wieder einmal Konten gelöscht. Diesmal hat es solche der «Querdenken»-Bewegung getroffen. Facebook sagt, sie hätten gegen die Regeln der Plattform verstossen, Falschinformationen und Hassrede veröffentlicht und zu Gewalt angestiftet.

Folgendes wird nun passieren:

  • Die Betreiber der gelöschten Konten werden auf andere Plattformen ausweichen.
  • Facebook wird weiterhin genutzt werden, um Falschinformationen und Hassrede zu verbreiten.
  • Der Druck auf Facebook, «etwas zu machen», wird nicht abnehmen.

Und so wird sich das ewig weiter drehen, wie in dem Spiel «Whack-a-mole»: Man haut auf den Kopf eines Maulwurfs, worauf der gleiche Kopf sofort wieder an einer anderen Stelle auftaucht. Der Geist ist aus der Flasche: Soziale Netzwerke haben ermöglicht, dass alle Menschen verbreiten können, was immer sie wollen. Auch Extremisten machen von dieser Möglichkeit Gebrauch.

Was tun? Zunächst hilft eine gewisse Gelassenheit: Es gibt bis jetzt keine Hinweise darauf, dass extreme Meinungen oder Falschnachrichten in sozialen Medien Ansichten komplett umdrehen. Sie festigen allenfalls bereits gefasste Meinungen, sie können mobilisieren, manchmal radikalisieren – aber generell wird die Wirkung von Falschinformationen auf eine breite Bevölkerung wohl überschätzt. Auch vor dem Internet haben wir nie in dem Paradies gelebt, in dem alle immer nur die Wahrheit verbreiteten.

Dennoch: Soziale Netzwerke und Nachrichtendienste geben extremen Meinungen eine Sichtbarkeit und Reichweite, die sie nie zuvor hatten. Es ist wohl klug, zumindest zu versuchen, dies einzuschränken. Denn die Sichtbarkeit der extremen Meinungen lässt sie wichtiger aussehen, als sie sind – gesellschaftliche Debatten können unnötig überhitzen.

Eindämmung als Ziel

Der Schlüssel zum Erfolg ist, sich das richtige Ziel zu setzen. Dass niemand auf dem Internet etwas Falsches sagt oder zu Hass anstiftet, ist schlicht ein unerreichbares Ziel. Stattdessen kann es nur um Eindämmung gehen.

Die Tech-Giganten tun das bereits, aber widerwillig. Wie Recherchen des Wall Street Journal zeigen, weiss Facebook dank eigener Forschung sehr wohl, welche negativen Auswirkungen das Netzwerk haben kann – spielt diese nach aussen aber immer wieder herunter. Es braucht den öffentlichen Druck, um die Zauberlehrlinge im Silicon Valley an ihre gesellschaftliche Verantwortung zu erinnern.

Eigenverantwortung wahrnehmen

Und so wird es in Zukunft wohl ein «sanitized internet» geben, das mithilfe von künstlicher Intelligenz einigermassen sauber geputzt daherkommt – unter Inkaufnahme viel Kollateralschadens, also fälschlicherweise gelöschten Inhalten und Willkür, weil immer etwas durch die Maschen schlüpft. Daneben wird aber immer auch ein wildes, unkontrollierbares Internet existieren, gegen dessen Auswirkungen unsere Gesellschaften resilient werden müssen.

Das bedeutet auch, die eigene Verantwortung wahrzunehmen. «Engagement» ist die wichtigste Währung der sozialen Netzwerke, und mit extremen Aussagen wird oft am stärksten interagiert. Je länger wir uns im Internet anschreien, desto lauter klingeln die Kassen der grossen Plattformen. Niemand zwingt uns, dieses Spiel mitzuspielen.

Guido Berger

Leiter Digitalredaktion

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Guido Berger leitet SRF Digital und erklärt seit 2006 Technologie und Games.

SRF 4 News, 17.09.2021, 00:00 Uhr

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