Ob Bewohnerinnen und Bewohner im Kanton Wallis auch im Pflegeheim Sterbehilfe in Anspruch nehmen dürfen, hängt derzeit vom Heim ab. Es gibt Heime, die Sterbehilfe-Organisationen den Zutritt erlauben, rund die Hälfte schliesst die Sterbehilfe jedoch aus. Viele möchten, dass dies so bleibt – wie die Kirche. Der Bischof von Sitten etwa sagte, Sterbehilfe habe aus seiner Sicht keinen Platz in den öffentlichen Gesundheitsinstitutionen im Kanton Wallis. Ob das Recht auf Sterbehilfe in das kantonale Gesundheitsgesetz geschrieben werden soll, entscheidet nun das Kantonsparlament.
Das Thema ist umstritten – auch bei den Walliserinnen und Wallisern. Insbesondere Ältere tun sich schwer damit, zeigt ein Besuch am Seniorentreff in Brig. Da treffen sich regelmässig Leute im Alter von 70 bis 85 Jahren zu Diskussionsrunden. Heute sitzen vier am Tisch – zwei Seniorinnen und zwei Senioren. Viele von ihnen haben demente Partner oder sind seit Kurzem verwitwet. Der Tod ist nah – trotzdem wird nicht darüber gesprochen. «Was machen wir, wenn wir einmal sterben?», das habe er ein paar Mal mit seiner Frau besprechen wollen, sagt ein Mann am Tisch. «Sie wollte aber nie etwas davon wissen. Dadurch haben wir auch nie über Sterbehilfe gesprochen.»
Meine Frau wollte nie über den Tod sprechen – über Sterbehilfe erst recht nicht.
«Vielleicht müssten wir da umdenken», sagt eine Frau am Tisch. Lange habe sie gedacht, sie hätte auch lieber eine Spritze, als zu leiden. «Im Moment geht es mir zu gut, um dies zu entscheiden», so die Frau. Wenn sie aber nicht mehr weiterwisse, könne sie sich vorstellen, Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen.
Wenn ich nicht mehr weiss wie weiter, kann ich mir Sterbehilfe vorstellen.
Für die zweite Frau am Tisch kommt dies nicht in Frage. Das sei nicht mit ihrem Glauben vereinbar: «Das Lebensende bestimmt jemand anderes. Das sollte man nicht beeinflussen.» Alle vier kennen aber Leute, die Mitglied einer Sterbehilfeorganisation sind oder bereits Sterbehilfe in Anspruch genommen haben. «Ich kenne jemanden, der einfach nicht mehr Leben wollte», so eine Frau. Verwerflich findet das niemand am Tisch.
Der Tod durch Sterbehilfe dürfe nicht normal werden
Trotzdem hat ein Mann am Tisch Mühe, dass Institutionen per Gesetz dazu verpflichtet werden sollen, Sterbehilfe-Organisationen Zutritt zu gewähren. «Das ist wie ein Dammbruch.» Wenn man damit beginne, verliere das Leben an Wert, befürchtet der Mann. Man müsse verhindern, dass der assistierte Suizid normal werde. «Die Jungen denken aber anders, sind liberaler», sind sich die Seniorinnen und Senioren am Tisch einig. Dieser gesellschaftliche Wandel könne man nicht aufhalten.
Wenn sich jemand für Sterbehilfe entscheidet und dabei noch im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte ist, finde ich das sogar gut.
Trotzdem sind sich die vier Senioren am Tisch nicht einig. Wenn jemand noch urteilsfähig sei und sich so für Sterbehilfe entschiede, fände er das sogar gut, sagt ein Mann – eine der Frauen pflichtet ihm bei. Der zweite Mann am Tisch widerspricht aber: Er würde nein stimmen zum Gesetz.
Das Walliser Kantonsparlament entscheidet Mitte März, ob Walliser Gesundheitsinstitutionen Sterbehilfe akzeptieren müssen, wenn die Person, die sterben will, urteilsfähig ist.