Die Gemeindeversammlung am Freitag ist das jüngste Kapitel in einer langen Fusionsgeschichte von Schinznach-Bad. Einmal mehr soll das Stimmvolk über einen Zusammenschlussvertrag entscheiden.
Bereits zweimal sagten die Dorfbewohner «Ja» zu einer Fusion: Damals ging es um einen Zusammenschluss der Gemeinden im Schenkenbergertal. Doch andere Gemeinden liessen die Projekte jeweils platzen.
Der Gemeinderat Schinznach-Bad hat sich deshalb neu orientiert. Eine Fusion mit der Stadt Brugg steht nun zur Debatte. Die Fusionsabklärungen fanden an der Gemeindeversammlung vor zwei Jahren eine klare Mehrheit.
Doch inzwischen geht ein Graben durch das Dorf mit den vielen Autogaragen und dem Thermalbad. Mehrere Komitees kämpfen für oder gegen den Zusammenschluss mit Brugg, an einer Podiumsveranstaltung vergangene Woche nahmen rund 200 Leute teil – eine beeindruckende Besucherzahl bei 1300 Einwohnern.
Wer den Applaus bei Argumenten von Gegnern und Befürwortern der Fusion jeweils hörte, der kommt zum Schluss: Die Meinungen im Dorf sind relativ ausgeglichen verteilt – es könnte eine knappe Entscheidung werden.
Argumente für die Fusion
«Schinznach-Bad liegt im Aaretal», sagt Ernst Hess vom Pro-Komitee. «Alles fliesst nach Brugg. Die Entwicklung wird sich auf dieser Hauptachse abspielen.» Für ihn ist klar: Schinznach-Bad hätte als Ortsteil oder «Quartier» der Stadt Brugg viele Vorteile.
Eine Fusion mit der Stadt Brugg wäre vernünftig, findet Ernst Hess. Auch wenn die Stadt nicht in direkter Sichtweite der Gemeinde liegt (vgl. Karte):
- Die Gemeindeverwaltung wird in die Stadtverwaltung integriert: Die Dienstleistungen für die Bevölkerung werden günstiger und professioneller
- Das Angebot der Schulen der Stadt Brugg ist umfangreicher
- Der Steuerfuss in Schinznach-Bad würde im Vergleich zu heute um 10 Prozentpunkte sinken
Argumente gegen die Fusion
«Wenn eine Fusion nur unter dem Aspekt der Kosten stattfindet, dann funktioniert es nicht», sagt auf der anderen Seite Peter Senn vom Contra-Komitee. «Die Bevölkerung braucht andere Motive, damit sie eine Fusion realisieren will.»
Peter Senn ortet Mängel im Fusionsvertrag und würde eine Fusion mit der Nachbargemeinde ennet der Aare vorziehen. Schinznach-Dorf sei die «logische» Braut:
- Neu wäre die Feuerwehr Brugg zuständig, diese müsste aber eine «Aussenstelle» in Schinznach-Bad betreiben (bisher Feuerwehr Schenkenbergertal)
- Schinznach-Bad beteiligt sich heute an den Kosten des Schwimmbads in Schinznach-Dorf – die Stadt Brugg hätte daran langfristig wohl kein Interesse
- Die Jugendlichen aus Schinznach-Bad müssen einen längeren Schulweg in Kauf nehmen, wenn sie nicht mehr in die Kreisschule Schenkenbergertal gehen können
Kampf um Kreisschule
Die Schule ist wahrscheinlich das emotionalste Thema in diesem Fusionskrimi. Für die Gegner ist klar: Ein Ausscheren von Schinznach-Bad bedeutet den Todesstoss für die Bezirksschule in Schinznach-Dorf.
Der Gemeinderat stellt sich auf den Standpunkt, dass die Bezirksschule gemäss kantonalen Vorgaben sowieso gefährdet sei. Auf die Schülerinnen und Schüler aus Schinznach-Bad komme es gar nicht an.
Zudem ist die Frage des Schulwegs umstritten, wie die emotionale Debatte an der Podiumsveranstaltung zeigte. Die Frage, welche sich Eltern in Schinznach-Bad stellen müssen: Ist der Schulweg per Velo über die Aare ohne öffentliche Verkehrsmittel besser als der Schulweg nach Brugg – per Velo oder mit dem Zug?
Es sind ganz konkrete Fragen aus dem Alltag, welche diese Fusionsdiskussion prägen. Diese Alltagsfragen dürften auch am Freitag noch einmal zu reden geben. In der Gemeinde Schinznach-Bad erwartet man – wohl nicht zu Unrecht – eine ziemlich lange Gemeindeversammlung am Freitag.
Auch der Einwohnerrat der Stadt Brugg entscheidet am Freitagabend über den Fusionsvertrag. In der Stadt dürfte die mögliche Fusion mit der Nachbargemeinde etwas weniger zu reden geben: Immerhin locken neben vielen Autogaragen auch ein Thermalbad und ein Golfplatz.
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